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Zum letzten Mal mit BH

Morgen werde ich wohl das letzte Mal eine BH tragen. Seit November bin ich privat nur noch mit Binder oder Bandage unterwegs. Ich fühle mich trotz der Enge um die Brust befreit und wohl. Dass ich täglich auf Arbeit einen BH trage, belastet mich immer mehr. 

Ich habe den BH schon immer gehasst. Ganz zu Beginn, als junges Mädchen irgendwann um die 20, als ich noch 75 B hatte, da war es noch okay, das konnte ich immer irgendwie kaschieren. Aber ich wurde älter, die Hüften breiter, die Formen runder, und der Ausschnitt würde für reichlich Trinkgeld als Resi am Oktoberfest sorgen. Yeah, andere Frauen beneiden mich, ich verabscheue das. Schmerzen in der Brust, rausoperierte Knoten, geschwollene Drüsen, und der tägliche Blick in den Spiegel die Hölle. 

Unzählige Jahre habe ich keine BHs gekauft, habe die alten Dinger so lange getragen, bis der Stoff wortwörtlich fadenscheinig wurde und nichts mehr hielt und mir alles beinahe bis zur Kniekehle hin. Allein der Gedanke, im Laden nach BHs zu suchen, verursachte bei mir Herzrasen und Panik. Als ich dann vor zwei Jahren im Laden stand, ging ich allen Ernstes davon aus, dass ich noch immer 75 B habe. Hatte ja keinen Vergleich, interessierte mich nicht, habe nie gemessen. Die Verkäuferin sah mich schockiert an und stellte dann ein 85 D fest. Sind wohl etwas gewachsen *hüstel*. Und, nein, die Frage, wie ehemalige 75B sowas wie 85 D halten konnten, werde ich an dieser Stelle mal dezent nicht beantworten, wir haben alle unsere dunklen Geheimnisse ...

Tja, und dann musste ich neue kaufen, ob ich wollte oder nicht. Ich habe es gehasst. Und ich habe es gehasst, sie zu tragen. Mit Bügel schmerzt es, drückt es, ohne Bügel ist es nicht stabil genug. Sportdinger drückten zusehr. Normaler Oma-Stoff ist hässlich, weiche Stoffe sind zu weiblich, Rüschen sind völlig gaga. Die Ärztin empfahl mir aus medizinischen Gründen Still-BHs, weil mein Vorbau zu groß und schwer ist und Schmerzen verursacht, aber in einen Fachladen für Schwangere zu gehen, um mir BHs zu kaufen, das hätte ich niemals gewagt! Mir war zum Heulen zumute! 

Zu Hause haben wir keine Spiegel, wo ich mich ganzkörper betrachten kann. Aber wenn ich dann mal in der Stadt im Schaufenster meine Silhouette sah, gruselte mich. Ein T-Shirt, diese fette Wölbung oben, und ab da hängt alles kastenförmig runter. Vielleicht hätte ich es mit anderen Oberteilen hübscher aussehen lassen können, aber dafür hätte ich mich mit meinem Körper befassen müssen, hätte die passenden Oberteile suchen müssen, womöglich auf irgendwas Weibliches zurückgreifen müssen. Ich habe es immer vermieden, in den Spiegel zu sehen. 

Es ist grade mal vier Monate her, dass ich >zum ersten Mal abgebunden< habe. Aber es fühlt sich für mich inzwischen so selbstverständlich an, als wäre es schon immer so gewesen. Ich bin dankbar für meinen Blog, denn bereits nach vier Monaten hat sich so viel verändert, dass ich es faszinierend finde, meine Gedanken von "damals" zu lesen.

Auf Arbeit habe ich mich bisher nie getraut. Denn der Binder macht schon einen gewaltigen Unterschied. Ich habe in den letzten Monaten 14 Kilo abgenommen. Außerdem trug ich im Winter und bis jetzt täglich dicke Kapuzen-Pullis. Wenn also nach meinem Urlaub die T-Shirt-Saison beginnt, dann wird das vermutlich gar nicht auffallen. Sollte doch einer was Blödes sagen, mache ich deutlich, dass ich über meine intimen sekundären Geschlechtsmerkmale nur mit meinem Mann und meiner Gynäkologin spreche und sonst niemandem! ;-)

Eine Kollegin, mit der ich mich gut verstehe, weihte ich allerdings ein, wenn auch indirekt. Wir sprachen "von Frau zu Frau", und da erwähnte ich, dass ich durch das Abnehmen neue Hosen, neue BHs brauche und alles an mir schlackert. Gewicht ist unter Frauen ja immer ein gutes Thema. Sie sprach dann über ihre Wäsche und die Probleme damit, und ich ließ einfließen, dass ich bald wohl SportBHs tragen werde aus medizinischen Gründen. Sie war erstaunt, als ich meine Körbchengröße ansprach. Also legte ich mal mein Hemd ab und drückte das T-Shirt an den Körper. Ihr fielen fast die Augen raus, den Blick hätte ich zu gerne auf Foto festgehalten. Man sah ihr an, wie überrascht sie war, was ich da bisher so gut versteckt hatte! Sie meinte nur, das würde dann eh keinem auffallen, wenn ich nach dem Urlaub neue BHs trage (dass es Binder für Transmänner sind, muss ich ihr ja nicht sagen).

Wuhuuuuuu, Erfolgserlebnis, geilgeilgeil! 

Und zeigt mir wieder klar, dass man sich einfach immer zusehr nen Kopf macht. Dass ich den ganzen Tag auf Arbeit nix anderes zu tun habe, als jeden Spiegel für meine Brustbeschau zu nutzen und heimlich in mich reinzuheulen, heißt das nicht, dass meine Kollegen nicht auch mal was anderes zu tun hätten. Und falls doch, kann mir das egal sein. 

Jaaaa, theoretisch war mir das sowieso schon vom ersten Tag an klar. Aber sch*** auf Theorie, wenn man sich trotzdem nen Kopf macht. Ich war einfach noch nicht bereit, Binder auf Arbeit zu tragen. Und jetzt bin ich es ;-)

Jetzt mach ich mir keinen Kopf mehr. Morgen geh ich zum letzten Mal mit Monstermelonen in mein Büro! Danach heißt es "dezent flache Hühnerbrüstchen" :-)

2heartedman 23.04.2015, 19.44

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