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Arbeit - was genau ich eigentlich mache

In letzter Zeit bekomme ich von stillen Lesern häufiger die Frage, was ich eigentlich arbeite. Mal erzähle ich von Einzelgesprächen, dann von ganzen Schulklassen, ein andermal ziehe ich durch die Straßen und mache die Kneipen unsicher (Arbeit?!?), dann stehe ich plötzlich mit einer Gruppe auf der Bühne oder halte Vorträge an der Uni, leite Workshops oder oder oder. Mal schreibe ich Konzepte, mal gehe ich Kaffeetrinken. Schüler, Männer, Frauen, Kinder, Jugendliche, Begleitung von Transpersonen, Gruppenstunden. Also echt, was für ein Job ist das, wo man so unterschiedliche Sachen macht?!?!?!?


Nein, ich nenne hier nicht meinen Arbeitgeber. Und auch nicht, was konkret ich arbeite. Ich bin privat geoutet. Und mein Blog ist ebenfalls recht offen. Trotzdem, ich muss hier ja nicht sofort ein Foto von mir hochladen, meinen Arbeitgeber nennen und all meine privaten Daten preisgeben ;-)

Aber, was ich sagen kann: ich habe einen sozialen Beruf studiert. Früher hatte ich einen Vollzeitjob, supergut bezahlt und hoch angesehen mit recht guten Aufstiegschancen, der mir sehr gut gefiel, der aber leider wenig transfreundlich war (von gesetzeswegen ja, von den Kollegen her aber null). Außerdem fühlte ich mich ziemlich eingeengt in den Möglichkeiten. Morgens aufstehen, seine tägliche Routine abwickeln, totmüde heimgehen. DAS soll mein Leben sein?!?!?

Nein, das hätte ich auf Dauer nicht ertragen. Ich wolle Abwechslung. Und ein Umfeld, in dem ich meine Queerness nicht verstecken muss. Teils bin ich nun in meinem gelernten Beruf tätig, teils arbeite ich als fachfremder Quereinsteiger, teils ist meine Ausbildung zwar hilfreich aber nicht erforderlich.

Ich arbeite halbtags, angestellt. Das nenne ich meinen Brötchenjob. Casework. Und wie bei Einzelfallhilfe üblich ist da so ziemlich alles drin, was man eben macht, wenn man einer Person im Alltag unter die Arme greift. Mein Arbeitgeber ist nicht queer aber sehr aufgeschlossen, ich war vom ersten Tag an geoutet. Die Kollegen sind alle freundlich, ich wurde trotz meines damals noch weiblichen Aussehens vom ersten Tag an als Mann behandelt. Die Arbeit erfüllt mich. Ich sehe einen Sinn in dem, was ich tue, und ich tue es sehr gern. Der Montag hat seinen Schrecken verloren, ich liebe meinen Job :-) 

Dann arbeite ich bei einem anderen Träger, nur ein paar Stunden im Monat. Streetwork, mal auf der Straße, mal in unterschiedlichen Bars Kneipen Locations. Ich kenne den Verein seit vielen Jahren, war auch früher dort schon aktiv. Queer ist dort überhaupt kein Thema, es gibt auch andere Trans*personen dort (sowohl Mitarbeiter wie auch Kunden). Ich mag die Kollegen, und ich freue mich jedes Mal, wenn wieder eine gemeinsame Tour ansteht.

Dann bin ich im Ehrenamt in einem anderen Verein tätig. Leite mit der Kollegin zusammen Workshops, halte Vorträge. Auch hier ist mein Hintergrund überhaupt kein Thema. Ist ja schließlich ein queerer Verein, und meine Arbeit hat genau DAS zum Thema. Aufklärung, Information, Vorbild und Ansprechpartner sein. Je nach Zielgruppe und Alter mal mehr hiervon oder mehr davon. Demnächst wird eventuell noch mehr dazu kommen an Tätigkeiten, das hängt auch davon ab, wieviel Zeit ich dafür aufwenden kann und will. Abwarten, wie es sich entwickelt.

Naja, und dann eine Nebentätigkeit im Theater, das ist eigentlich nur zum Hobby, macht aber irre viel Spaß. Mit queer ist da kaum etwas los, im Gegenteil, ich möchte es dort nicht zum Thema machen, weil ich einige der Kollegen für wenig aufgeschlossen halte. 

Ohne Arbeitgeber, sondern rein privat, begleite ich gelegentlich Trans*Personen auf ihrem Weg. Heißt, sie kontaktieren mich (zB werden sie von einem Bekannten an mich verwiesen, geraten über mein Ehrenamt an mich, schreiben mich via Internet an), und dann geht es individuell weiter. Also Tipps zu ihrem weiteren Weg, ggf Begleitung zu Stammtischen oder Terminen oder Ärzten, Nennen von Ansprechpartnern und Gruppen, Gesprächspartner usw. Mache ich zwar privat, bringe aber hier soweit als möglich meine fachlichen Kompetenzen ein, denn ich selbst stehe eigentlich immer gerne im Hintergrund.

Und dann wäre da noch die Plasmaspende, mit der ich zweimal die Woche ein paar Euro verdienen kann. 

Kurz gesagt: ich tanze auf vielen Hochzeiten. Das ist ganz schön anstrengend, aber für mich ist es sehr erfüllend. Ich kann mich auf verschiedenen Ebenen austoben. Früher, als ich angepasst war, wollte ich gerne einen Job mit Status, in dem ich viel Geld verdiene. Das habe ich irgendwann über Bord geworfen. Mein Ziel wurde es, ein Lebenskünstler zu werden, der einfach nur DAS tut, was ihn erfüllt, solange er sich irgendwie über Wasser halten kann. Und das habe ich erreicht. Ich habe dank Teilzeitjob genug Geld zum Leben, mit etwas Honorar hier und kleinem Taschengeld dort habe ich alles, was ich brauche, und ich kann sogar noch etwas abgeben. Und ich tue alles das, was mir Spaß macht, ich treffe tolle Leute, bin viel unterwegs, sammle haufenweise neue Erfahrungen. 

Ich gehöre zu den Leuten, die auch ohne Geld arbeiten würden, solange sie ihr Leben irgendwie finanziert bekämen. Aber: es muss ein Job sein, der mir auch entspricht. Und das habe ich aktuell gefunden. 

Mal sehen, wie es weitergeht. Ich glaube nicht, dass die aktuelle Konstellation bis ans Ende meines Lebens halten wird. Schließlich verändere ich mich weiter, und vermutlich sind eines Tages andere Themen wichtig. Dann setze ich mich für andere Ziele ein, möchte andere Themen teilen, möchte andere Fähigkeiten nutzen. Aber aktuell bin ich absolut zufrieden! Mein Arbeitsleben ist eine Herausforderung, an der ich täglich wachse. In dem Moment, wo es zur Routine wird, die ich nur noch gelantweilt abarbeite, werde ich auf jeden Fall wechseln! Und ich habe keine Zweifel, dass ich dann etwas anderes finde, das mir später soviel Freude bereiten wird wie das hier und heute der Fall ist :-)

*****************

>Hier< hatte ich vor einiger Zeit schon einmal geschrieben, was ich arbeite. Seitdem ist einiges davon weggefallen, dafür kam anderes dazu. Leben ist im Wandel, alles ist im Fluss, und alles hat seine Zeit. Ich habe keine Lust mehr, auf der Stelle zu verharren! 

Was seitdem gleichgeblieben ist: das Chaos. Nur, dass es jetzt noch wesentlich chaotischer geworden ist, weil alle Jobs keine fixen Termine haben und alle außer Haus stattfinden. Ich muss also vier bzw fünf verschiedene Tätigkeiten alle unter einen Hut kriegen und alle Termine individuell vereinbaren. Sosehr ich meinen Job liebe - ja, ich kann fluchen wie ein Kutscher, sobald sich Termine überschneiden, mir jemand etwas in meinem Plan umwirft oder ich einfach mal keinen Bock mehr habe, ständig draußen zu sein und ich wegen blödem Wetter oder aufgrund meiner Trägheit einfach einmal zu Hause bleiben will ;-)

Mein Traum wäre ja eine Kombi aus "draußen rumrennen" und "im Büro sitzen". Denn nur im Büro bin ich irgendwann kirre geworden, Vollzeit möchte ich das nicht mehr. Aber ständig außer Haus Termine wahrzunehmen ist wirklich anstrengend, und manchmal wird mir das zuviel. Teils im Büro, teils außerhalb, das klingt toll, ... 

Es kann gut sein, dass ich in einem Jahr erneut einen solchen Beitrag schreibe. Und dass ich dann völlig anderes Zeug arbeite. Wer weiß das schon? Hauptsache, ich bin glücklich, komme über die Runden und bin überzeugt, dass ich das Richtige tue!

2heartedman 01.07.2018, 15.03

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