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Therapie 08 - Schubladen und Widersprüche

Erst einmal lief der Anfang der Sitzung ziemlich schief. Ich klingelte, eine Frau stand direkt neben der Tür und öffnete. Dann setzte ich mich ins Wartezimmer. Doc K kam nicht. Und kam nicht. Und kam nicht. Gut, passiert, hat er halt viel zu tun, vielleicht war der Patient vor mir anstrengend und er braucht erst mal ´ne Pause. Aber dass er nix sagt, dass ich warten soll? Oder hab ich den Termin falsch notiert,obwohl ich zehnmal nachfrage und zwanghaft genau kontrolliere, alles richtig einzutragen?


Nach ´ner Viertelstunde habe ich mal angeklopft und gefragt. Er hatte, weil jmd anders mir geöffnet hatte, gar nicht mitbekommen, dass ich schon da war. Well, shit happens. Ich schätze, die Zeit hat er gut genutzt, er wirkte beschäftigt, ...

Eigentlich wollte ich das Thema von letzter und vorletzter Woche weiter bearbeiten. Aber erst drückte ich ihm einen Zettel in die Hand. Letztes Mal kamen wir auf Bölls "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral", die er nicht  kannte. Habe sie ihm ausgedruckt und gegeben. 

Ich fühle mich innerlich wie der Fischer in dieser Geschichte. Er meinte, dass ihn das erstaune, denn ich würde nicht so auf ihn wirken (er hat eine angenehme Art, nicht wertend und trotzdem klar etwas auszudrücken, das ggf mal eine andere Richtung als die meinige ist, das hat er echt gut drauf). 

Nagut, indirekt hängt dieses Thema mit dem zusammen, was ich eigentlich aufarbeiten möchte. Außerdem bin ich diese Woche mehrfach auf einige Diskrepanzen zwischen "so sehen andere mich" und "so fühle ich mich" aufmerksam gemacht worden. Hatte schon überlegt, ob ich dieses Thema in der Therapie mal ansprechen soll, aber das war wohl ein Wink des Schicksals, dass er es nun selbst getan hat ;)

Gestern meinte jemand zu mir, ich würde viel schimpfen, wobei er entkräftete und sagte, früher sei es mehr gewesen. Ich lenkte scherzhaft ein, dass ich FRANKE sei. Die schimpfen nicht, die maulen halt immer aweng *g*. Er sagte es im Scherz, aber trotzdem war natürlich ein Körnchen drin, dass ich wohl doch eher grummlig wirke. 

Auf Arbeit bekam ich dieser Tage die Rückmeldung, dass ich immer so streng und ernst wirke. Wobei ich aber gerade die letzten Tage aber recht gelassen bin (ja, ich mag den Arbeitgeber nicht, aber das heißt ja nicht, dass ich meine Tätigkeit ungern ausführe, im Gegenteil. Und seit ich weiß, dass ich gehen werde, bin ich doch recht entspannt). 

Auch privat passiert es oft, dass ich lächle und glücklich bin und andere mir sagen "boah, guckst Du aber grad ernst". 

Keine Ahnung, woran das liegt. Eine Überlegung, die mir heute durch den Kopf ging: früher war ich tatsächlich das, was man mir damals nachsagte und ich heute noch oft zu hören bekomme: ernst, motzend, unzufrieden, aber auch unruhig, unsicher, teilweise sogar auch aufbrausend und impulsiv. 

Aber das war früher. Inzwischen habe ich mich ja doch weiterentwickelt. Wenn ich früher einen Raum betrat und die Leute aufhörten zu reden, dachte ich "die haben über mich geredet". Heute denke ich "ui, die wurden grade durch mich abgelenkt und haben den Faden verloren" oder "war wohl ein privates Thema, das keiner hören soll". Wenn mir früher jemand sagte "Dein Hemd gefällt mir nicht", hätte ich wohl sofort ein neues Hemd gekauft. Heute denke ich mir "na und, ich muss nicht jedem gefallen, gibt Wichtigeres als Hemden". Früher dachte ich "boah, Mist, ich wollte heute raus, aber es regnet, scheiße, und das an meinem freien Tag, immer geht alles schief", heute denke ich "nagut, dann mach ich eben was anderes, ob ich den Tag genieße hängt von mir ab, nicht vom Wetter, also genieße ich ihn jetzt". 

Im Grunde bin ich eigentlich dankbar und sehr zufrieden. Mit mir, meinem Leben, meinem Umfeld, meiner Situation. 

Im Grunde. Eigentlich. Ich will nicht leugnen, dass die Schwärze oft über mir ist und ich sie nicht immer sofort vertreiben kann. Aber während ich mich früher von ihr aufsaugen ließ, lasse ich sie heute zu, weil ich weiß, dass sie auch wieder geht. Und wenn ich mich nicht wehre, geht sie sehr viel schneller und schmerzloser. It can´t rain all the time :-)

Ich will auch nicht leugnen, dass die alten Gefühle manchmal noch in mir hochkommen. Die Angst, dass andere mich nicht akzeptieren. Die Furcht, was passieren wird, wenn ich meinen Job einfach hinwerfe. Das Bedürfnis mich anderen zu beweisen. Die Ungeduld mit mir selbst, wenn ich einen Fehler begehe. Klar, ich bin nicht perfekt. 

Aber ich habe mich einfach entschlossen, mir diese Fehler nicht ständig zum Motto zu machen. Ich glaube daran, dass mein Leben von dem bestimmt wird, was ich zulasse. Und wenn ich ständig sagen würde "ich habe Angst, dass andere mich nicht akzeptieren, und ich muss mich beweisen, und ich darf keine Fehler machen", dann mache ich mir das Leben ganz schön schwer. 

Die Realität will ich gar nicht leugnen. Aber ich habe eben zwei Möglichkeiten: das, was ich an Widrigkeiten sehe, immer wieder in den Vordergrund zu rücken und daran zu zerbrechen. Oder aber sie wahrzunehmen, bei Bedarf zu reagieren, den Fokus aber danach wieder auf die schönen Momente zu richten und mich zur Zufriedenheit entschließen :-)

Aber dann ist da dieser äußerliche Widerspruch: ich fühle mich gut, zufrieden, in mir ruhend. Und die Umwelt reflektiert mir, dass ich schimpfe und gestresst wirke. Ich habe keine Ahnung, wie das zustande kommt.

Meine Vermutung ist die, dass der Körper durch Erfahrungen geprägt wird. Mimik, Körpersprache, aber auch die Verknüpfung der Synapsen und die Ausschüttung der Hormone ist etwas, das langjährig "trainiert" wird. Man sagt ja, etwas gehe "in Fleisch und Blut über", und das ist meiner Ansicht nach ziemlich wörtlich zu nehmen. 

Ich denke, dass mir diese negative Grundeinstellung, die Angst und Unzufriedenheit knapp 30 Jahre lang in Fleisch und Blut übergegangen sind. Auch, wenn ich mich jetzt zufrieden fühle, hinkt die Körpersprache wohl noch etwas hinterher. 

Auch habe ich mich die letzten Tage etwas beobachtet: wenn ich innerlich denke "ist doch egal",ertappe ich mich oft, dass ich äußerlich trotzdem meinen Senf dazu ablasse und motze. Warum, wenn es mir doch eigentlich egal ist? Vermutlich einfach aus Gewohnheit, weil es eben so üblich ist zu motzen. 

Aus Gedanken werden Worte, und aus Worten werden Taten. Die Gedanken habe ich bereits im Griff, und nach und nach werde ich lernen, auch meine Worte entspannt und zufrieden klingen zu lassen. Und eines Tages strahle ich die Gelassenheit aus, die in mir ist. Dann kann jeder sehen, dass ich ein in sich ruhender Mensch bin, und ich kann meine Zufriedenheit und mein Glück teilen. Klingt gut, oder? 

Ich arbeite daran. Und auch, wenn ich nicht perfekt bin - ich bin jeden Tag ein kleines bisschen besser :-)

2heartedman 29.03.2015, 11.38

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