Durch das Buch GEORGE wurde ich heute an eine Szene meiner eigenen Kindheit / Jugend erinnert.

Damals in der sechsten oder siebten Klasse war ich in der Theater-Gruppe. Nur zu gerne hätte ich die Hauptrolle gehabt. Texte auswendig zu lernen liegt mir, und mit Lampenfieber konnte ich schon immer recht gut umgehen. 

War dem Lehrer aber ziemlich egal, ob die Rollen vom passenden Geschlecht verkörpert wurden. Am Ende war es ein Kopf- an Kopf-Rennen zwischen meiner Freundin und mir. Sie bekam die Rolle. Was daran lag, dass die Szene des Vorsprechens überbordend emotional war (eine dramatische Sterbe-Szene oder sowas. Lange her, bin nicht mehr sicher). Und wir mussten dafür sogar ein Lied singen, buärgs, das mochte ich nicht! Sie ist eben mehr aus sich herausgegangen, hat das ganze weit dramatischer darstellen können, hat auch super gesungen, hatte die Stimmen auf ihrer Seite. Ich habe es ihr gegönnt, sie war eben einfach besser.

Also entschied ich mich für eine andere Rolle, die mir gefiel. Ein Straßenjunge, vor Öffnung des Vorhangs fuhr er mit seinem Rad auf die Bühne, erzählt von seinen schauerlichen Erlebnissen auf dem Friedhof und was er Spannendes erlebt hat. Immer, wenn der Vorhang beim Szenenwechsel fiel, sprang er auf die Bühne und erzählte.  Eine Art Pausenclown. Dieser freche Bengel gefiel mir. Und der Lehrer hatte überhaupt kein Problem damit, dass die männliche Hauptrolle und der freche Straßenjunge von einem Mädchen gespielt wurden. Kann mich nicht erinnern, dass da auch nur eine Sekunde diskutiert worden wäre. 

Am Ende des Theaterstückes kamen einige Leute auf mich zu, die ziemlich begeistert von meinem Charakter und meiner Rolle waren, ich bekam sehr viele Komplimente. Nicht eine einzige Person sprach mich darauf an, dass ich als Mädchen die Rolle eines Jungen verkörpert hatte. Und auch ich selbst habe mir absolut keine Gedanken darüber gemacht. Erst jetzt beim Lesen des Buches fällt mir das auf. Obwohl ich ständig überall angeeckt bin, dass ich mich verhielt wie ein Junge und dass ich doch mädchenhafter sein müsse (auch in der Schule) - in der Theatergruppe war das völlig egal :-)