two hearted man
Interne Seiten
RSS 2.0 RDF 1.0 Atom 0.3
2024
<<< April >>>
Mo Di Mi Do Fr Sa So
01020304050607
08091011121314
15161718192021
22232425262728
2930     
Statistik
Einträge ges.: 1238
ø pro Tag: 0,4
Kommentare: 263
ø pro Eintrag: 0,2
Online seit dem: 05.12.2014
in Tagen: 3430

Ausgewählter Beitrag

Testo - Bilanz und Fazit

Regelmässig habe ich in gewissen Abständen die Veränderungen durch Testo dokumentiert. Ich denke, damit ist jetzt gut. Hier also eine Art Fazit :-)


Der Körper verändert sich immer weiter. Man denke an die alten Männer, bei denen die Haare am Körper immer mehr werden (wo sie nicht sollen) und am Kopf immer weniger. Oder an Frauen, die irgendwann dann in die Menopause kommen, die einen Damenbart kriegen und deren Knochen spröde werden von fehlenden Hormonen. Und wer weiß, was mir als Transmann eines Tages blühen wird. Sicher ist, dass ich mich mein Leben lang verändern werde. Und vielleicht ändert sich ja die Medizin mit mir, und ich bekomme eines Tages Testo-Tabletten. Oder ein Implantat, das den Rest des Lebens genau die perfekte Dosis absondert. Oder was weiß ich. 

Und natürlich trage ich selbst dazu bei, dass die Natur ein wenig unterstützt wird. Etwa mit Bartwuchsmittel, Stimmtherapie, Sport, Ernährung. Ein Teil sind Gene, ein Teil ist Testo, ein Teil ist aus der Apotheke ergänzt, ein Teil ist eigene harte Arbeit, ein Teil ist Zufall. 

Aber was Testo am Körper verändern konnte, wie es sich anfühlt und was es bewirkt, das kann ich nach dieser Zeit wohl beurteilen und in einer Art "Gesamtfazit" für mich und Euch hier festhalten :-)


STIMME

Einen Stimmbruch kann ich auf den Aufnahmen, die ich seit Testostart mache, schon erkennen. Allerdings sehr langsam. Bei manchen kippte es ja auch ohne Zutun recht schnell und tief, bei mir dauerte es ewig. Irgendwann wurde ich so verkrampft, dass ich mich völlig gehemmt fühlte. Als ich an dem Punkt war, dass die Dysphorie so groß war, dass ich gar nicht mehr reden wollte in der Öffentlichkeit, bin ich zur Stimmtherapie. 

Und voila - wenn auch langsam, so hat Testo eine Menge verändert. Meine Stimmbänder sind immer noch weiblich in der Anatomie, aber ich komme deutlich tiefer. Mit etwas Training gelingt es mir inzwischen, meine Stimme gut männlich klingen zu lassen. 

In den letzten zwei drei Wochen ernte ich viele erstaunten Blicke und Kommentare, wenn Leute mich real treffen oder am Telefon hören und über meine durch Stimmtherapie veränderte Stimme stolpern. Es bedarf noch einiger Übung, aber ich fühle mich endlich auf dem richtigen Weg. 


FETTVERTEILUNG

Davon bekam ich anfangs nichts mit. Nahm seit Testo dank Sport und Ernährung konsequent ab. Also nichts mit "Fettverteilung", höchstens mit "Fett loswerden". Aber die dunkle Jahreszeit (äußerlich, aber auch emotional) führte zu ein paar Kilo mehr. Und beim Zunehmen stellte ich fest: "Jau, Männer verteilen ihre Masse anders". Mein Bauch hängt ganz schön über die Hose, wenn ich nicht aufpasse. 

Vor Testo war es kein Problem, wenn ich mal etwas zu- oder abgenommen habe. Aber seit Testo muss ich aufpassen, denn schon kleine Veränderungen werden sofort sichtbar, weil eben nicht mehr über den Körper verteilt sondern gut am Bauch gelagert. Notreserve oder so ;-)


GESICHT

Laut einigen Freunden und Bekannten hat sich da einiges verändert. Ich selbst sehe das nicht. Weder auf Fotos noch im Spiegel. Dass ich abgenommen habe, das sehe ich. Ob die Veränderung jetzt von der Abnahme kommt oder vom Testo? Mein Gesicht ist angeblich etwas kantiger geworden. Kann ich aber schlecht beurteilen. 


BEHAARUNG

Ist gut am Körper verteilt. Beine und Arme waren für eine Frau schon immer gut plüschig, seit Testo wurde es dichter und fester und dunkler. Es kamen überall am Körper neue Haare dazu. Allerdings passiert das schrittweise. Arbeitet sich nach und nach am Körper entlang. Am Bauch und auf der Brust sind schon einige Ansätze zu erkennen, es geht stetig weiter, aber mein Organismus hat scheinbar keine Eile. Finde ich schade, aber ist okay. Hauptsache, da kommt überhaupt was ;-)

Immerhin, für eines darf ich dankbar sein: am Kopf bleibt alles, wo es soll. Da fällt nix aus, wird nix weniger. Mein ehemals seidigweiches Haar ist inzwischen deutlich fester. Lässt sich dadurch jetzt auch leichter frisieren als früher, wo ich einfach keine Form in den Fluff bringen konnte. Möge ich bitte weiterhin von Glatze und Co verschont bleiben ...


BART

Der hat sich ja zwei Jahre Zeit gelassen. Und ich habe die Befürchtung, dass es noch weitere Jahre gedauert hätte. EXTREM langsam kam es ja von Beginn an. Jeden Monat ein oder zwei Haare. Aber bis das dann irgendwann mal ein Bart ist, das kann Jahre dauern! 

Seit fünf Wochen verwende ich ein Mittelchen aus der Online-Apotheke. Und das hilft erstaunlich gut. Schon nach einer Woche spürte ich erste Veränderungen. Nach fünf Wochen habe ich großflächigen Bewuchs. Noch nicht dicht oder viel, aber immerhin deutlich mehr. 

Wo sich über zwei Jahre sogut wie nichts verändert hat, wurde ich die letzten Tage schon einige Male drauf angesprochen, dass man jetzt so langsam etwas sieht. 

Als "Barttyp" fühle ich mich nicht. Möchte gerne immer frisch rasiert sein, mir genügt ein Bartschatten. Trotzdem trimme ich, statt alles abzurasieren. Bescheuert, weil ich trotzdem misgendert werde, aber es fühlt sich halt besser an fürs Passing. Wer weiß, wohin mich das führt. Vielleicht gewöhne ich mich sosehr an diesen Anblick (Goatee), dass ich irgendwann dauerhaft so rumlaufe, obwohl ich mir das momentan gar nicht vorstellen kann. Es bleibt spannend :-)


LIBIDO

Keine Veränderung seit Testo. Ist mir auch relativ egal. Es ist wie es ist, und ich war vorher zufrieden und bin es jetzt. Mal hab ich total viel (weil die Situation entsprechend ist), mal hab ich weniger (weil mir anderes gerade wichtiger ist). Ich fühle mich nicht triebgesteuert, denke aber oft und viel an Sex und bin auch kein Kostverächter. "Normal halt" würde ich mal sagen ;-)

Warum das bei den meisten Transmännern so stark wirkt, bei mir aber nicht, weiß ich nicht. Vielleicht hatte ich ja vorher schon eine hohe Libido und bin es einfach gewohnt. Oder vielleicht ist mein Östrogenspiegel ständig viel zu hoch, sodass das Testo gar nicht richtig bis zu diesem Punkt durchkommt und ich dauerhaft niedrig bin. Hab ja keinen Vergleich, was "viel" oder "wenig" ist. Oder vielleicht bin ich ein Alien. Mir doch egal. Hauptsache Spaß dabei ...


GERUCH

Anfangs wie eine Schulturnhalle voller pubertierender Jungs. Dann nach und nach weniger. Und jetzt normal männlich. Ich merke, dass es manchmal schwankt. In manchen Phasen mehr, in anderen weniger. Wohl auch abhängig vom Testo- und Östrogenspiegel. 

Ich bin jedenfalls dankbar, dass ich nicht mehr weiblich rieche. Das konnte ich noch nie leiden, und ich habe mich oft vor mir selbst geekelt. Inzwischen rieche ich deutlich intensiver, aber ich mag das. Fühlt sich stimmig an. Das bin ich, das gehört so. Und außerdem gibt es ja Wasser, Seife und dezente Pflegedüfte ;-)


HAUT

Ist fester geworden, robuster. Mit Pickeln habe ich nur kurze Zeit gekämpft, und auch nur sehr leicht. Habe das Gefühl, dass meine Haut seit Testo etwas trockener geworden ist. Früher brauchte ich gelegentlich etwas Entfettendes, inzwischen verwende ich Fettcreme. 

Ich hatte früher an den Armen, am Bauch, den Beinen sehr weiche Haut. Das ist Vergangenheit. Ich creme, pflege, achte auf mich, aber Männer sind halt einfach nicht so weich wie Frauen. Ist eben so. Ein bisschen vermisse ich es, aber das macht nichts, nur Rosinchen picken geht halt nicht ;-)

Früher hatte ich bei Stress Probleme mit der Verdauung. Inzwischen legt sich Stress bei mir auf der Haut nieder. Gürtelrose, Entzündung, Trockenheit. War schon zwei drei Mal beim Arzt, als es zu heftig wurde. Inzwischen weiß ich, was zu tun ist und kann auch selbst gegensteuern. Vielleicht liegt das am Testo. Vielleicht ist es auch was Psychologisches, es gab da einen Knick in meinem Lebenslauf, der auch damit zusammenhängen könnte. Vielleicht ist es auch einfach Zufall. Wer weiß das schon. Ich finde es nur für mich wichtig festzuhalten, weil es eben beides etwa zeitgleich begonnen hat ... 


ADERN, SEHNEN, HÄNDE

Wow, wow und nochmals WOW! Dachte, das liegt am Abnehmen, aber trotz meiner Gewichtszunahme sind die Adern und Sehnen geblieben. Vor allem an den Händen finde ich das ganz toll, das gefällt mir. Auch im Gesicht und im Bereich Schulter / Hals sind ein paar Adern erkennbar. 

Habe keine Arbeiterhände, Baggerschaufeln oder markanten Pranken. Will ich auch gar nicht. Mir gefallen weiche Pfötchen eh besser (da kommt der Musiker und Schreiberling in mir durch, ich lege wert auf gepflegte weiche Hände), und ich pflege sie fleißig, damit sie schön weich und geschmeidig bleiben. 

Allerdings sind die Hände auch extrem trocken geworden. Ich komme mit Cremen gar nicht mehr hinterher. 

Haare wachsen inzwischen auch darauf, aber sehr zögerlich. Vielleicht werden es irgendwann mehr, aber momentan ist es eher "eine Ahnung von". Wenn ich genau hinsehe, erkenne ich es. Sollte es mehr werden mal sehen. Vielleicht habe ich eines Tages einen Urwald auf dem Handrücken. Dann werde ich sehen, ob mir das gefällt, oder ob ich etwas dagegen tun werde. Abwarten. Alles zu seiner Zeit :-)


MUSKELN

Das Training vernachlässige ich momentan, trotzdem sind da weit mehr Muskeln als früher. Schönes Gefühl! Spüre sie beim Gehen, Sitzen, sehe sie im Spiegel. Vor allem am Oberkörper ist das ein herrlicher Anblick. Ich liebe es, wenn ich meine Arme hebe und sehe, wie die Muskeln sich anspannen. Wie die Arme eine schöne Kontur zeichnen. 

Ich habe mir eine Auszeit gegönnt, in der ich pausiert habe (aus verschiedenen Gründen). Die ist im April vorbei, dann geht es weiter. Nicht mit Aufbau, aber mit Pflege der Muskeln. Will ja weiterhin fit und gesund bleiben. Wenn mir endlich dieser Körper geschenkt wird, dann will ich dieses Geschenk auch würdigen ...


TRÄNEN

Anfangs war es extrem krass, da konnte ich absolut nicht mehr weinen. Wenn das Östrogen durchkam, flossen plötzlich wieder die Sturzbäche. Inzwischen hat es sich recht gut eingependelt. Ich erkenne schon, wenn ich mehr Östrogen habe und näher am Wasser bin. Aber abgesehen davon ist es jetzt auch mit höherem Testospiegel und ohne Östro möglich, zu weinen. Nicht mehr so unkontrolliert und häufig wie früher (zum Glück). Zum Druckabbau oder wenn ich traurig bin, klappt es aber wieder. Dafür bin ich sehr dankbar. Denn auch, wenn es mir früher zuviel war, so ganz ohne wäre schon heftig. 

Ich kann es zurückhalten, wenn ich in der Öffentlichkeit bin, weine nicht mehr vor anderen. Aber wenn ich traurig bin und es zulasse, dann kann ich. Das ist sehr befreiend. 

Interessant ist, dass die Augen sich häufiger reinigen. Also morgens nach dem Aufstehen, bei Kälte spazieren, Radfahren und so weiter. Da werden die Augen schneller nass als früher, einfach als körperliche Reaktion auf die Umwelt. Das war früher nur sehr schwach und ist heute sehr ausgeprägt.


EMOTION

Wenn nicht gerade mein Hormonhaushalt Samba tanzt, fühle ich mich sehr ausgeglichen. Früher fühlte ich mich emotional ziemlich ausgeliefert und fremdgesteuert. Inzwischen stimmen mein Empfinden und ich recht gut überein, wir mögen uns ;-) 

Ich nehme meine körperlichen Reaktionen wahr, kann sie zuordnen. Ich bin traurig, glücklich, verärgert, wütend usw in unterschiedlichen Ausprägungen, kann es wenn ich alleine bin gut zulassen aber wenn es darauf ankommt auch entsprechend kontrollieren. Für manche wirke ich zu sehr rational und zu wenig emotional. Aber ich habe für mich beschlossen, dass es egal ist, was andere denken. Was zählt ist, dass ich mich wohlfühle. Bin halt eher ein verschlossener, ruhigerer Typ, der nicht sofort impulsiv herausplatzt, na und? Früher fühlte ich mich von meinen eigenen Emotionen überfahren, und heute kann ich das endlich steuern. Und das fühlt sich gut an. Punkt!


KÖRPERGRÖSSE / SCHUHGRÖSSE / ADAMSAPFEL

Manche Transjungs erzählen, dass sich das verändert. Dass sie größere Füße / Hände kriegen, weil die Knorpel noch wachsen. Dass sie selbst noch etwas wachsen. Dass sie Adamsapfel bekommen. Eben so typisch männliche Attribute. Ich hatte ja auch darauf gehofft. Wohlwissend, dass es eher eine Hoffnung war als eine realistische Aussicht. Aber es hätte ja sein können. 

Nun gut, ein Teenager, der mit 20 Testo bekommt, hat einfach andere Voraussetzungen als ein 40jähriger alter Sack wie ich LOL. Meine Knochen sind verhärtet, da ist nix mehr mit größeren Füßen. Und auf Adamsapfel kann ich gut verzichten, ohne gefällt es mir eh besser. Ich habe einen recht gut ausgeprägten Kehlkopf, das genügt mir. 

Und meine süßen Kinderfüße und Kinderpfötchen, damit muss ich halt leben. Ist schade, aber ist halt so. Ich weiß ja inzwischen, wo ich gute Herrenschuhe bekomme. Muss eben das Beste draus machen. Und meine Fingerchen mögen zwar klein sein, dafür aber sehr geschickt in vielerlei Hinsicht, das ist viel wert ;-)


WECHSELJAHRESBESCHWERDEN

Damit hatte ich zu Beginn von Testo hart zu kämpfen. Die Umstellung war für den Körper wirklich hart. Und selbst jetzt kommt es vor, dass es mich mal wieder erwischt. Letztens das erhöhte Östro, dann der Blocker, da ist Ramba Zamba von oben bis unten. Wenn ich im Winter im T-Shirt durch den Wald laufe, wenn ich bei 20 Grad Minus im Bett liege und nackt das Fenster aufreiße, dann weiß ich, dass mal wieder die große Hitze angesagt ist. Durchfall, Rückenschmerzen, wechselnder Körpergeruch, emotionale Instabilität und was noch alles dazugehört um sich so richtig kacke zu fühlen, her damit! ;-)

Ich nehme es gerne in Kauf, denn seit Testo fühle ich mich großartig. Aber es wäre schon nett, wenn ich irgendwann mal von diesem Chaos verschont bleibe und ein gleichbleibender Spiegel für gleichbleibende Stabilität sorgt ... 


FAZIT

Testo ist eine Entscheidung, die ich noch nie bereut habe. Es geht mir hervorragend, und ich liebe die Veränderungen an und in mir. Ich fühle mich besser, sehe besser aus, rieche besser, fühle mich endlich stimmig zu mir selbst. Testo hilft mir, der Mensch zu sein, der ich gefühlt schon immer war. Dieser Mensch hat auch Fehler und Macken, aber wenigstens sind es seine eigenen ;-)

Ich habe einige Überraschungen erlebt, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Und einige Hoffnungen wurden leider nicht erfüllt. Aber, wie schon gesagt: "Wir sind hier nicht bei Wünsch-Dir-Was sondern bei So-Isses". Das war mir von Beginn an klar. Und ich bin dankbar, dass das Gesamtfazit für mich positiv ausfällt. 

2heartedman 17.03.2018, 10.49

Kommentare hinzufügen

Die Kommentare werden redaktionell verwaltet und erscheinen erst nach Freischalten durch den Bloginhaber.



Kein Kommentar zu diesem Beitrag vorhanden