Er wollte sich das mal ansehen, ob das für ihn taugt und er dort einen Vertrag abschließen will. Natürlich war ich neugierig und wollte das auch mal von innen sehen. Man hört ja ´ne Menge, was in den normalen Studios so abläuft. Aber stimmt das? Und wie wäre das für mich?

Meine Kette mit dem Motto "Ja zu einem starken Körper" hat da völlig andere Ziele und Methoden ...

Ehrlich gesagt war ich heute erschlagen, noch bevor die Trainerin überhaupt zu uns kam. Im Treppenaufgang bereits haufenweise Bilder auf einer überdimensionalen metergroßen Plakatwand. Alle Leute sonnengebräunt, super muskulös und strahlend. Das wirkte sehr künstlich auf mich, und obwohl ich ordentlich trainiere und nicht unsportlich bin, wirkte das alles sehr aufgesetzt und künstlich für mich. "Die da sind hip, Du nicht, Du gehörst nicht dazu". Nein, mich spricht das nicht an, ich fühlte mich ausgestoßen von diesen Bildern. Fühlte mich auf einmal total klein und wertlos (was Schwachsinn ist, weil ich inzwischen echt gut trainiert bin. Aber solche Model-Bilder schrecken mich dennoch eher ab als mich zu motivieren).

Dann Ankunft im Studio selbst. Alles mit Holz vertäfelt, Drehkreuze am Eingang, Inhaber der Karte können rund um die Uhr in die heiligen Hallen. Wir warteten davor, bis eine Trainerin kam. Mein Begleiter schilderte das Anliegen und sein Interesse an Probetraining und Vertragskonditionen, sie erklärte alles. Dann ein Rundgang durch das Studio. 

Immerhin, eigene Getränke darf man mitbringen. Aber es standen große Automaten herum, in denen teure Eiweißpulver und irgendwelche Proteinriegel zu kaufen waren. Ich habe mir das Angebot mal angesehen auf den Flyern, die haben sogar extra Produkte für Frauen?!? Äh, essen Frauen anderes Protein als Männer? Oder ist die Verpackung einfach nur Rosa, weil Frauen mit dem Grau Silber Gold der männlichen Champions nichts anfangen können? 

Dann die Führung. Ich war wie erschlagen. Klar kenne ich das: ein Gerät neben dem anderen, an jedem Gerät hockt / sitzt / steht jemand und trainiert. Klar, ist in dem Studio, wo ich bin, auch. Aber dadurch, dass das hier so mega groß ist, war es fast wie in einer Fabrik, Maschine neben Maschine, ich fühlte mich sehr unwohl, fühlte mich von allen Seiten beobachtet. Glaube, ich könnte dort nicht auf irgendein Trainingsgerät steigen, weil vor hinter rechts links neben mir immer irgend jemand ist. Klar sehen die nicht auf mich, trotzdem käme ich mir beobachtet vor ... 

Dann gab es abertausende von Räumen. Sling-Room, Cage, Core Workout, Stretching Area, Express-Workout, Rückenstraße, Box Workout, Iron Bars, Wellness, Kurse, Ausdauer, Kraftgeräte und noch zig Sachen mehr, verteilt auf tausenden Quadratmetern und zwei Stockwerken (keine Ahnung wieviel, aber wir brauchten eine halbe Stunde, bis sie uns alles gezeigt hatte). Ich hätte ja schon total die Krise, was ich da machen soll. Für manche ist dieses tolle Angebot echt klasse, aber mir geht es da wie im Supermarkt mit hundert Sorten Marmelade, am Ende greife ich doch zur Erdbeer, deren Hersteller ich seit Kindertagen kenne, weil das Überangebot mich überfordert. 

Überall war irgendeine Medienbeschallung. In manchen Fällen Musik, die den Rhythmus vorgibt. In anderen Fällen rieeesige Bildschirme (teils mehrere große Flachbildschirme nebenbeinander zu einem großen gestellt), auf denen Trainer Übungen vormachen oder irgendeine Frau auf dem Fahrrad auf einem Schiff auf dem Meer ihr Spinning macht. 

Und die Leute, die trainiert haben, würden zumindest für mich dazu führen, dass ich mich ziemlich verloren fühle. Ich bin weder hässlich noch alt noch klein oder dick oder sonstwas. Trotzdem, ich kam mir so normal vor, und die wirkten alle so hip, ich fühlte mich so deplatziert wie ein Fuchs im Regenwald. 

Aber, alles könnte man ignorieren. Was für mich wirklich DAS Kritierium ist, warum ich so unendlich dankbar war, dass wir den Laden verließen, das waren die Musik und die vielen Bildschirme. Da würde ich durchdrehen und schon nach ein paar Minuten völlig entnervt das Training beenden. Eigene Kopfhörer müsste ich auf volle Lautstärke stellen, um abzuschalten. Und beim Training komplett die Augen schließen, um nicht ständig irgendwelche Bewegungen um mich herum zu sehen. Overflow pur!

Kann gar nicht sagen, WIE sehr ich es genieße, wenn ich in mein Studio gehe, alles ist ruhig, die Leute sehen ganz normal aus, keine Musik, kein Monitor, keine spezielle Beleuchtung. Ich mache meine Übungen, und falls ich Musik mag, darf ich mir Kopfhörer aufsetzen. Aber das will ich nicht. Im Gegenteil, ich freue mich schon immer im Voraus, dort diese spartanische Ruhe zu genießen. 

Sollte ich eines Tages umziehen und dort nicht mehr trainieren können - dann wünsche ich mir auf jeden Fall ein Studio, wo es keinen Zwangskonsum von Medien gleichwelcher Art gibt. Ansonsten läuft es wohl auf eine Hantelbank zu Hause hinaus oder Bodyweight-Training. Aber in so einen Kabuff mit lauter Musik, unzähligen Leuten und haufenweise bewegten Bildern an der Wand kriegen mich keine zehn Pferde!!!

Und, nein, das gilt nicht für alle Studios generell. Auch nicht für alle dieser Kette. Sondern nur für dieses eine, das ich gesehen habe. Aber für mich selbst war es sehr, sehr abschreckend ...

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Edit: und mir ist bewusst, dass das Studio nicht schlecht ist. Jeder hat andere Anforderungen und Ziele und Wünsche. Ich reagiere extrem sensibel auf diese vielen Reize von außen, andere kriegen das nicht mal mit und können locker abschalten. Und wer das kann, hat da wirklich genial viele Möglichkeiten und sehr viel Abwechslung. Ein bisschen Abwechslung, das ist etwas, das ich mir bei meinem Studio auch wünschen würde. Aber dort gibt es halt immer nur die gleichen Geräte. Ist okay, damit komme ich super weiter. 

Aber, ehrlich: hätte ich mal keine Lust, dann könnte ich zB sagen "nagut, heute nicht wie sonst die Geräte, dafür mach ich mal Stretching oder das Express oder geh an den Boxsack". Das hätte schon was, wo ich zwar nicht mein Programm durchziehe aber trotzdem irgendwas mit Sport mache. Hat auch seine Vorteile ...