two hearted man
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Nach dem Outing - alles wie immer

Am Samstag war ich mit Kumpels unterwegs. Nix Besonderes, die Touren fahre ich seit eineinhalb Jahren. Jedes mal lerne ich neue Menschen kennen. Und jedes Mal begegne ich Leuten, die ich bereits seit meinem ersten Treffen kenne. Es ist ein Hallo und eine große Freude. Jeder, der mit seinem Roller zu der immer größer werdenden Gruppe stößt, wird herzlich willkommen geheißen, begrüßt, man freut sich über jeden, der dazustößt, ob langjähriger Stammgast oder als Neuling. Ich habe mich in dieser Community vom ersten Moment an "sauwohl" gefühlt.


Ich hatte mich dort vor einiger Zeit geoutet, ganz offiziell im Forum. Weil ich keine Lust auf Versteckspiel habe. Für die anderen wird sich nicht viel ändern, aber für mich sehr wohl, weil ich nicht mehr auf Sprache oder Verhalten achten muss und mich einfach wohler fühle, wenn ich weiß "die wissen Bescheid". Kein Versteckspiel mehr!

Hätte in die Hose gehen können, hätte klappen können. Wäre es in die Hose gegangen - dann lieber sofort, als irgendwann sehr viel später, wenn ich die Leute NOCH mehr ins Herz geschlossen hätte als jetzt schon. Ich glaube, irgendwann muss ich eh mit Verlusten rechnen nach dem Outing, aber bisher blieb mir das erspart. Glücklicherweise auch in dieser Truppe, denn man reagierte im Forum durchweg positiv. 

Trotzdem - Forum ist eine Sache, face to face eine andere. Ich war trotzdem nicht aufgeregt. Irgendwie war ich sehr entspannt, dachte mir "wenn einer ein Problem hat, wird er mich meiden, das ist sein Problem. Und wenn er mir mit blöden Sprüchen kommt, sagt das mehr über ihn als über mich aus. Zudem werden sicher für jeden, der mir blöd kommt, 20 dastehen, die mich verteidigen". Also alles ganz entspannt. 

Ich fuhr hin - und alles war wie immer. So, als hätte ich mich nie geoutet. Herzliches Willkommen, Umarmung hier, Handschütteln dort, ein "lang nicht mehr gesehen" und "super, dass du da bist" und "toll, freu mich auf die gemeinsame Tour". Niemand behandelte mich anders als sonst. So, als wäre es völlig banal, was ich da geschrieben habe. Und, mal ehrlich, im Grunde ist es auch völlig banal. Weil, was ich zwischen den Beinen habe und ob ich bartlos oder bärtig bin, und mit wem ich ins Bett gehe, ist völlig wumpe, und das betrifft die anderen Leute gar nicht, also warum sollte bei diesem Treffen irgendwas anders sein als bisher?

Bei einem war ich mir unsicher, denn er schreibt viel, wir haben uns schon oft gesehen, aber diesen Beitrag von mir damals hatte er nicht kommentiert. Auf dem Treffen meinte er dann "äh, sag mal, was genau heißt das jetzt, was du geschrieben hattest?" Er ist ebenso praktisch, wie ich theoretisch bin. Zwei komplett verschiedene Wellenlängen. Ich bewundere ihn für vieles, was er kann, aber irgendwie kommen wir nie zusammen und reden oft aneinander vorbei. Ich habe es ihm dann in Kurzfassung ("ich bin ein Mann") erklärt. Und er nur "ach so, na dann". Er war erstaunt, weil "Du fährst wie ´ne Frau, Du sprichst wie ´ne Frau, Du hast Titten wie ´ne Frau, deswegen dacht ich halt, Du bist ´ne Frau", aber danach war das Thema vorbei. Super, so einfach ist das. Danach haben wir in anderen Situation noch ein paarmal gequatscht, und da war wieder alles wie sonst davor auch.

Dass ich so aussehe und klinge ist mir klar, und ja, auch mein Fahrstil ist vorsichtig. Er dagegen fährt wie "´ne fränkische Wildsau", wie er selbst gerne sagt, mit Hausschlappen statt Motorradstiefeln und manchmal sogar freihändig, mit Musik aus den selbstgebastelten Boxen, und er war bei Schnee und Eis schon auf einem Elefantentreffen der Winterbiker, er schraubt selbst an seinem Gerät und hat auf zwei Reifen schon zig Länder bereist. Nein, so männlich bin ich dann doch nicht und werde es auch nicht sein und sind aus unserer Truppe auch nur wenige. Ich nehm es mit Humor. Während einige ihre Maschinen sitzend rückwärts einparkten, stieg ich ab und schob sie rückwärts in die Reihe (meine Beine sind doch etwas kurz, um damit zu navigieren, bin froh, dass ich damit überhaupt auf den Boden reiche). Sagte lachend "ich hab halt den Weiberführerschein gemacht, den Männerschein durfte ich damals noch nicht machen" ;-)

Zwei Leute sprachen mich, als wir alleine standen ohne Zuhörer, mal kurz drauf an, zwei drei andere erwähnten es mal in einem Nebensatz. Aber keine intimen Fragen a la "lässt Du Dich dann komplett operieren" oder "ja, und wie ist das dann mit Deinem Mann". Sondern so sympathische Sachen wie "klappt alles, wie Du es Dir wünscht?" und "wie geht es Dir damit, fühlst Du Dich jetzt endlich besser?" und "weißt Du schon, wie es dann weitergeht?". Das fand ich total nett und hat mich sehr gefreut. Es zeigte mir, dass die Leute das mit Respekt behandeln, aber auch keine besondere Sache draus machen, sondern es einfach als etwas Persönliches von mir betrachten, an dem ich sie durch mein Outing kurz teilhaben ließ. 

Ich war happy. Mein erstes Treffen als Mann. Und, wie gehofft, war alles beim Alten. Mal sehen, wie sich das eventuell ändern wird, wenn ich dann plötzlich meine Lederjacke obenrum nicht mehr ausfülle, und wenn mir die ersten Barthaare sprießen und die Stimme kippt. Aber ich denke, die Leute werden locker damit umgehen :-)

2heartedman 12.04.2015, 12.32

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