two hearted man
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Fremdouting

Heute hatte ich das erste Mal ein "Fremdouting" erlebt. Das bedeutet, dass nicht ich der Person von meiner Situation erzählt habe, sondern sie es ohne mein Wollen von anderen erfahren hatte.


Im Arbeitsumfeld gibt es Personen, mit denen ich regelmäßig zu tun hatte. Dort fühlte ich mich nach dem Verlassen der Arbeit soweit sicher, dass ich davon erzählen konnte. Man bleibt auch danach in Kontakt, und ich vertraue den Leuten. Als ich vor Ort war, habe ich denen, die dort waren und mit denen ich zu tun hatte, davon erzählt. Und gebeten, dass es den Abwesenden nicht erzählt wird. Weil ich das selbst nachholen wollte.

Vertrauen und Respekt hin oder her. Es ist einfach eine verdammt persönliche Angelegenheit. Dass ich locker damit umgehe (zwangsläufig, weil Verklemmtsein es mir nur unnötig schwer macht), bedeutet nicht, dass es nicht dennoch intim und vertraulich und sehr persönlich ist. 

Es ist eine Sache, wenn jemand sagt "ich weiß es von anderen" und wenn ich selbst es mitteile und dann konkret auf die Reaktion des Gegenüber eingehen kann. 

Ich habe heute mit der damals abwesenden Person gesprochen und auch gefragt, ob sie es schon weiß. Sie war ehrlich und gab zu, dass sie bereits davon gehört hatte. Ich bin nicht böse deswegen, es ist halt passiert. Ich weiß, dass in diesem Personenkreis respektvoll über andere geredet wird und man mich nicht zerrissen hat. Ich weiß, dass nicht gelästert wurde und vertraue darauf, dass es auch nicht nach außerhalb drang sondern "in diesem Kreis" blieb.

Trotzdem fühlt es sich an wie ein Vertrauensbruch, trotzdem bin ich verletzt. 

Ich werde mich (leider) daran gewöhnen müssen. Wenn ich es verschweige, mache ich es mir unnötig schwer. Wenn ich locker offen darüber rede, mache ich es mir leichter. Aber die Leute denken dann, dass es für mich kein großes Thema ist und erzählen es "im Vertrauen, sag es nicht weiter" jemand anderem, den sie selbst ebenfalls für vertrauenswürdig halten. Ich kann noch so oft betonen "bitte lass mich das Outing selbst übernehmen", die Leute werden es nicht verstehen. 

Das ist ein Gefühl, das man einem Außenstehenden einfach schwer vermitteln kann. Denn das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche: nämlich dass der Gegenüber weiß, dass ich trans*ident bin. Trotzdem ist es ein verdammt großer Unterschied. 

Und, mal ehrlich: es ist MEINE Sache. Meine PRIVATangelegenheit. Auch, wenn ich mich dazu entscheide, es öffentlich zu leben. 

*****************************

An alle Außenstehenden: wenn Euch jemand von so etwas erzählt - erzählt es nicht weiter! Oder fragt vorher, ob das okay ist. Und wenn Ihr sogar explizit darum gebeten werdet, es für Euch zu behalten - dann respektiert das bitte. Denn ein Vertrauensbruch tut sehr, sehr weh. 

Freut Euch über das Vertrauen, das Euch mit diesem Outing entgegengebracht wird. Und beweist, dass Ihr es auch wert seid ...

2heartedman 13.05.2016, 18.12

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Björn

Ich verstehe deinen Standpunkt, aber für mich war es teilweise genau umgekehrt. In einigen (wenigen) Fällen war ich froh, dass andere mich geoutet haben. Zwei meiner Tanten haben es in der Verwandtschaft weitererzählt, obwohl ich sie darum gebeten hatte, es nicht zu tun. Das aber nur aus Rücksicht auf meine Mutter, die Schwierigkeiten damit hat, dass ich trans* bin. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich ihnen gleich gesagt, dass sie es bitte weitererzählen sollen, weil ich sonst wohl kaum dazu gekommen wäre, es jedem in meiner recht großen Verwandtschaft zu erzählen. Sie sind mir da, ohne es zu wissen, entgegengekommen. :)

Verletzend fand ich es im Fall einer Freundin, die es eine Zeit lang öfter anderen erzählt hat. Ich hab ihr nicht explizit gesagt, dass sie es nicht tun soll, weil ich dachte, ich kann es sowieso nicht verhindern. Allerdings hat es mich gestört, wie sie es gesagt hat: "Björn war früher meine Freundin (Name)." Die Leute dürfen zwar erzählen, dass ich trans* bin, aber den Namen zu verraten, ist mir zu privat. Ich will nicht, dass jeder meinen früheren Namen erfährt, den ich immer gehasst habe, und dann vielleicht auf die Idee kommen, in meinem jetzigen Ich eine ... zu suchen.

Inzwischen ist es mir doch lieber, gar nicht fremdgeoutet zu werden, aber es kommt drauf an, um wen es geht. Ich denke, mit manchen Leuten kann ich vernünftig reden, die verstehen das und halten sich dran (oder kommen gar nicht auf die Idee, mich zu outen), aber manche fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt und verstehen nicht, dass mich ein Outing stört. Trotzdem würde ich denjenigen nicht die Freundschaft kündigen. Sie stecken halt nicht selbst in der Situation und wissen nicht besser, und es ist ja auch keine Schande, trans* zu sein.

vom 14.05.2016, 09.47
Antwort von 2heartedman:

Was die Verwandschaft betrifft, sehe ich es ähnlich. Das liegt für mich aber vor allem daran, dass mir meine Familie in dieser Hinsicht ziemlich egal ist. Die tratschen eh alle. Und ich habe mich von den meisten aus meiner Familie distanziert, die sollen machen, was sie wollen. Da habe ich keinerlei Ambitionen, denen irgendwas zu erzählen, und wenn ich mich dort oute, mache ich das vor allem, weil es sich gehört oder manchmal eben nicht vermeiden lässt 

(außer bei meinem Vater, wo es mir wirklich wichtig war, aber alles andere war bisher ein "naja, muss halt, auch wenn ich keinen Bock habe")

Die pushen eh alles und bauschen es auf. Hatte mal irgendwas Harmloses gebloggt, und später bekam ich Vorwürfe von anderen Teilen der Familie, dass ich soooo etwas Wichtiges angeblich nicht erzählt hätte und sie sich jetzt benachteiligt fühlen, dass ich ihnen das nicht mitgeteilt hatte *gähn* ... (glaube, das war ein harmloser Auffahrunfall, bei dem nichts passiert war) ... da erzählt der eine dem anderen, baut es aus, vergrößert es, macht aus der Mücke ´nen Elefanten ... Klatschweiber, Tratschtanten, sollen alle reden, was sie wollen, wenn sie keine eigenen Probleme haben ... 

(Person X aus der Familie hat mir ja auch erzählt, dass Person Y jetzt trotz der Wechseljahre wieder ihre Tage bekommen hat. Ehrlich, geht mich das was an? Interessiert mich das?!?!? Nein danke!!! Scheinbar gibt es keine anderen Dinge, von denen man erzählen kann, deren Leben scheint herrlich unaufgeregt)

Bei Freunden oder Menschen, die mir wichtig sind, sehe ich das anders. Deren Reaktion bedeutet mir etwas, und da möchte ich gerne eigene Worte wählen, als dass andere es erzählen. Vor allem, wenn ich jmd bitte, es nicht weiterzusagen, dann wünsche ich mir, dass das auch beherzigt wird ... 

Name dagegen wäre für mich wieder so ein Mittelding. Ich mag ihn nicht, aber vermutlich würde der Name genannt werden, mit dem ich mich immer vorgestellt habe. Meinen echten Geburtsnamen kennt ja kaum einer, und mit der von mir gewählten Variante kam ich recht gut klar. Daher fände ich es zwar übergriffig aber nicht tragisch. 

Wir sind halt auf einem sehr schmalen Grat, auf dünnem Eis, wie immer man es nennen mag. Es ist ein Thema, bei dem wir Betroffenen alle sehr, sehr verletzlich sind. Und jeder hat andere Punkte, wo er getroffen wird. Den einen stören bestimmte Begrifflichkeiten (trans*sexuell, Umwandlung, "war früher eine Frau" statt trans*ident, Angleichung, "war schon immer Mann"), den anderen stört der Name, den nächsten das Outing, ein anderer Zeigt überall die Narben und der andere regt sich auf, wenn ein anderer TM seine Narben zeigt und dadurch indirekt auch andere TMs outet. 

Für Außenstehende denke ich oft, sie können es gar nicht richtig machen. Sogar innerhalb der Community gibt es da Streitigkeiten und Uneinigkeit. Ich bin daher ebenso wie Du keinem böse, denn sie wissen es halt nicht besser. Aber "nicht böse sein" und "trotzdem enttäuscht sein" schließt sich ja nicht aus ...

Wichtig daher immer: Respekt. Und viel fragen. "Wie willst Du genannt werden", "was darf ich anderen erzählen", worauf soll ich achten" ... das ist anstrengend ... aber, wir sind erwachsen, und Kommunikation hilft :-)