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Ausgewählter Beitrag

Frauen haben keine Muskeln

Telefonat mit Oma. Immer wieder "schön", ungeoutet zu sein ... aber sie versteht es einfach nicht, und sie will es nicht verstehen, und was soll man bei 90jährigen Leuten noch groß anfangen, wenn sie sich nicht mehr verbiegen wollen ... ist ihr gutes Recht ...


Es fällt mir jedes Mal sehr, sehr schwer, nicht irgend etwas zu erwähnen, das mit meinem aktuellen Weg in Verbindung ist. Ihr zu erklären, warum ich nicht mehr auf der alten Stelle arbeite. Dass mein Alltag zT aus Arzt und Therapeut besteht. Die Veränderungen, über die ich mich sosehr freue. Die Vorbereitungen auf die OPs, die anstehende Tagung. Was bleibt von meinem Alltag übrig? 

Ja, das Wetter ist komisch, halt April und so. Könnte bisschen wärmer sein. Wir haben seit einiger Zeit auch Eichelhäher vorm Fenster, das würde Opa gefallen, oder? Was gab es bei Euch zu Essen? Ach, ich weiß noch nicht, was ich heute mache. Ja, Schatz geht es gut, ist grade in der Berufsschule. Hm, stimmt, wenn es regnet, wie heute, ist es blöd, dass man da laufen muss. Aber muss man halt durch. Katze müsste man sein, der darf den ganzen Tag pennen, ich bin grad auch müde. Ach, übrigens, hab letztens vom XY gehört, der ist jetzt auch hier in die Gegend gezogen. Naja, sonst, halt alles beim Alten, weißt ja, wie immer ... 

Damit man nicht immer das Gleiche sagt, meinte ich, ganz banal, ist ja nix dabei, völlig unverfänglich "war vorhin grade im Fitness-Studio", und sofort bekam ich die empörte Antwort: "Was? Aber, Frauen haben keine Muskeln, und die trainieren nicht. Warum machst Du das. Das brauchst Du doch nicht". 

Oooooh mann, ehrlich, morgen sage ich "wir haben Bohnen gegessen", und sie antwortet "Frauen brauchen doch nicht so viel Eiweiß". Oder ich sage "ich war spazieren", und sie sagt "Frauen sollten aber zu Hause bleiben", ehrlich, das macht keinen Spaß mehr ... 

Zu erklären, was trans* ist, das bringt eh nichts mehr, dafür ist sie zu dement. Außerdem hat sie, seit ich denken kann, alles ausgeblendet, was nicht in ihre Welt passt. Sie hat schon immer die Augen verschlossen vor dem, was sie nicht sehen wollte. Habe es dabei belassen, dass jeder Körper Muskeln hat, sonst könnte er sich nicht bewegen, und dass es wichtig ist, fit zu bleiben ... trotzdem, das Gespräch war danach für mich gelaufen ... 

2heartedman 18.04.2016, 14.15

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von Sonja

Naja, andere Generation eben. Da wurden die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sehr viel deutlicher betont als heute. Sie lebt in ihrer "geschichte" und sie wird sich nicht mehr im andere einfinden.
Der Vater meines Freundes ist Mitte 70 und sagt ähnliche Dinge ("Frauen können nicht Auto fahren"). Mir ist das recht egal, er darf gern denken, was er möchte, wenn er sich damit wohl fühlt. Sein Leben ist nicht mein Leben ;-)

vom 18.04.2016, 17.54
Antwort von 2heartedman:

Ja, ich bin sehr geschlechtsbezogen aufgewachsen, mein Rollenbild war damals sehr altbacken, verständlicherweise bei dieser Generation (Haushaltsgeld vom Mann, Tür offen lassen bei Besuch des Gegengeschlechts, Hausfrau ohne Job usw) ... 

Das Leben meiner Familie ist auch nicht mein Leben. Zum Glück. Aber manchmal finde ich es traurig, ich habe 20 Jahre dort gelebt, und nun sind sie mir auf einmal so fremd ... 

1. von mikistjohn

Selbe Drama in grün bei mir. :/

Blümchen-Heile-Welt-Tapete dran lassen und hoffen das nicht zu viel negative Kommentare aller "macht Frau nicht" dabei rumkommen. Ansonsten befindet sich in meinem Oma-geeignetes-Thema-Baukasten exakt genau die selbe Themen wie in deinem. ;)

Ich bekomme zwar regelmäßig einen drüber aber lieb hab ich sie trotzdem und den Trans Stress brauch ich der Guten wirklich nicht machen auf ihre letzte Jahre/Monate. Deswegen Augen zu und durch. Ich will nicht das einer meiner Lieben geht in Sorge um mich (und meiner Zurechnungsfähigkeit)

vom 18.04.2016, 16.58
Antwort von 2heartedman:

Jaaa, schön gesagt, hoffen, dass nicht zu viele negative Kommentare kommen. Bei jedem Telefonat immer wieder dieses "was kommt heute wieder für ´n Spruch" ... 

Lieben tu ich sie auch ... ich habe ihr sehr viel zu verdanken, und ich mag mir nicht ausmalen, wie es gewesen wäre, wenn ich nicht bei ihr sondern anderen Familienangehörigen oder im Heim aufgewachsen wäre ... 

Hast Du schon Stimmbruch, tiefere Stimme? Wie reagierten sie darauf? Ich habe offen gesagt etwas Angst, wie sich das entwickeln wird, wenn ich in den Stimmbruch komme ...