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Ausgewählter Beitrag

Erst Couch dann Marathon

Beim Schreiben meiner Gedanken über den Gentleman - Workshop ergab sich eine Art Rückschau. Nicht nur die verlinkten Beiträge habe ich gelesen, sondern auch viele anderen älteren Themen. Erst überflog ich, dann grub ich tiefer. Und ich stelle fest, dass der Blog tatsächlich seinen Zweck für mich sehr gut erfüllt: er hilft mir, meine Entwicklung für mich greifbar zu machen.


Inzwischen gab es viele Stationen. Nach dem Outing im Juni 2014 eine lange Phase des Wartens. Noch im alten Beruf, lediglich bei ein paar Freunden geoutet. Mich langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass mein Leben bald eine völlig neue Richtung einschlagen wird. Ohne zu wissen, was dabei auf mich zukommt. 

Ab 2015 die Therapie. Bei den wichtigen Freunden und der Familie geoutet. Im Alltag aber noch als Frau unterwegs. Noch immer im alten Beruf. Auf der Suche nach mir selbst. Erste Versuche mit Binder und Packer. Experimentieren mit verschiedenen Kleidungsstilen. Erproben des gewählten Namens. Sich-Lösen vom alten Namen. Kompromiss finden aus "die Vergangenheit abschließen" und "sie als Teil meiner Selbst in mir zu tragen". Mitten im Leben und voller Fragen. Auf der Suche nach mir selbst. Wer bin ich? Was macht mich aus? 

Anfang 2016 Testosteron. Kraftsport. Ausdauertraining. Austritt aus dem alten Job. Vermännlichung des Körpers. Veränderung der Wahrnehmung. Unglaublich, wiesehr Hormone das Denken Handeln und Fühlen verändern. Noch immer auf der Suche, doch ein Weg zeichnet sich ab. Erste Schritte in die neue Richtung. Mich erproben, austesten. Die offizielle Bestätigung meines männlichen Namens. Ein neuer Job, der Verlust eines geliebten Menschen. Dank Schwierigkeiten beim Einstellen der Testo-Dosis sensibel werden für Signale des Körpers. Dank Sport ein neues Körpergefühl. Lernen, auf mein Gefühl und meinen Körper zu achten. Ein Gespür entwickeln, mein Inneres durch das Äußere zum Ausdruck zu bringen durch Kleidung, Bewegung, Handeln, Reden. 

Anfang 2017. Ein Jahr Testo, eingearbeitet im neuen Job. Kraftlos von all dem Chaos der letzten Monate / Jahre. 

Ich hatte kürzlich einen tollen Urlaub. Habe die Trauer um meinen Vater bewältigt. Bin glücklich in meinem Job und mit den Kollegen. Komme gut klar mit dem neuen Gehalt. Bin zufrieden mich langsam selbst zu finden. Habe eine Richtung und gehe beständig meinen Weg. 

Müsste ich da nicht vor Glück strahlen? 

Statt dessen fühle ich mich erschöpft und müde. Es war sehr anstrengend. 

Ich habe mich entschieden, meinen Transitionsweg langsam anzugehen. Mir Zeit zu lassen. Damit ich verarbeiten kann, damit ich mich entwickeln kann, damit die Seele dem Körper zu folgen vermag. Das ist gut. Denn obwohl ich am liebsten die Zeit vorspulen möchte (ich will Passing! ich will die OP! Ich will einen Bart! Ich will endlich eine männliche Stimme! Ich will die zweite OP! Ich will endlich ein normales Leben!) - die Ereignisse und Eindrücke überrollen mich. 

Wenn ich in alten Beiträgen lese, dann bin ich erstaunt. Wundere mich. Freue mich. Weil ich sehe, dass ich mir damals Fragen stellte, deren Antwort mir heute völlig selbstverständlich sind. Weil ich mir über Dinge Gedanken machte, die sich dann einfach lässig ergeben haben. Weil ich über mich hinausgewachsen bin und gelernt habe mit Situationen umzugehen, wie ich sie mir davor nicht vorstellen konnte. 

Grade mal zwei Jahre. In denen ist äußerlich viel passiert, das war mir auch davor bewusst, das habe ich hier ja schon mehrfach angeschnitten, vor allem 2016 war extrem ereignisreich. Aber wieviel innerlich passiert ist, wiesehr ich innerlich an mir und meinem Umfeld gewachsen bin, das begreife ich jetzt erst so langsam. Ich war sehr lange auf der Stelle getreten und hatte viel nachzuholen. Kein Wunder, dass ich erschöpft bin. Marathon laufen, nachdem die Seele davor viele Jahre nur auf der Couch saß ...

Eigentlich gibt es da noch sehr viel mehr zu schreiben, aber einiges davon ist privater Bereich, also nicht wundern über aktuell so viele Passwort-Beiträge, ich betreibe gerade ein wenig Introspektion ;-)

2heartedman 09.02.2017, 20.13

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