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Ausgewählter Beitrag

Das Misgendern hört nicht auf

Das Misgendert werden tut noch immer weh. Aber ich sehe es inzwischen weitgehend gelassen. Habe mich daran gewöhnt, die Leute können nichts dafür. Ich werde mich nicht verstellen und andere Kleidung oder anderen Schmuck tragen als das, was ich mag. Dann bin ich eben ein femininer Mann, ist mir egal. Trotzdem hier mal wieder ein paar gesammelte Szenen, mit denen ich mich täglich herumschlagen darf ;-)


Beim Römerfest steht ein Schausteller am Handwerkerstand und erzählt, wie damals einer das Glas blies und der andere den Blasebalg bediente. Da er gerne das Glas bearbeiten möchte, biete ich meine Hilfe an. Er sieht mich skeptisch an und meint "die harte Arbeit am Blasebalg war früher den Mannen vorbehalten, aber Sie können es gerne einmal probieren"

Ich stehe am Pröbchenstand, unterhalte mich lange mit dem Verkäufer, sehr angenehmer Smalltalk rund um Ernährung. Plötzlich sagt er "Sie sind die erste Frau, die dieses Produkt hier überhaupt kennt". 

Im Café gehe ich auf die Toilette. Als ich herauskomme, sagt eine Frau zu ihrem Partner mit Blick auf mich "war das jetzt echt ´n Kerl, der da rauskam?"

Ich sitze mit anderen Männern am Tisch bei einer Besprechung. Es werden Getränke serviert. Alle bekommen blaue Gläser, ich ein rosafarbenes. 

Im Café, das ich mit meinem Kunden regelmässig besuche, werden nicht die Namen notiert (wie bei Starbucks), sondern die Tische, an denen man sitzt. Man fragte, wohin wir uns setzen, und dann notierte die Mitarbeiterin "links" und zeichnete daneben ein männliches und ein weibliches Symbol für meine Begleitung und mich (weil an den anderen Tischen entweder nur Männer oder Frauen in Gruppen saßen zufälligerweise).

Plus all das Übliche, wenn es im Laden, an der Kasse, vom Postboten, in der Ubahn heißt "guten Tag, die Dame", "Und Sie sind Frau ...?", "auf Wiedersehen, Frau Salamander", "die Dame war vor mir dran", "lassen wir erst die Dame einsteigen" und so weiter. 

Manchmal korrigiere ich, meistens ignoriere ich. Inzwischen habe ich einfach keine Lust und Kraft mehr dafür. Und wie oben gesagt, es wird mir langsam egal. Es braucht eben einfach Zeit, bis alles stimmig zusammenpasst ...

2heartedman 25.10.2017, 20.22

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Sonja

Ich finde es erstaunlich, dass du allgemein so oft gegendert wirst. Das passiert mir kaum. Klar, „Auf Wiedersehen, Frau H.“, wenn man mich kennt, aber nix vonwegen Dame vorlassen, rosa Geschirr... gar nichts. Vielleicht liegts an mir oder am Bundesland, in dem ich lebe, keine Ahnung...
Ich hoffe, du hast das bald hinter dir!

vom 26.10.2017, 18.07
Antwort von 2heartedman:

Vor der Transition war das auch anders, da wurde ich nicht so oft gegendert. Habe mich oft gefragt, warum das so ist. Mir fallen zwei Möglichkeiten an, die beide realistisch klingen. Vermutlich eine Kombi aus beiden: 

1) es fällt mir einfach mehr auf. Das ist wie wenn man schwanger ist, und plötzlich laufen überall schwangere Leute rum. Wenn man ein blaues Auto kauft, ist auf einmal jedes zweite Auto blau. Als Du Dir ´nen Smart gekauft hast, sah ich die Dinger plötzlich an jeder Straßenecke ;-) (ja tatsächlich, isso, fiel mir davor nicht auf, dieser Wagen, jetzt dauernd)

2) vorher war es nicht nötig mich zu gendern, weil es offensichtlich war mit Brüsten, langen Haaren, heller Stimme. Jetzt irritiere ich die Leute und löse in ihnen das Bedürfnis nach Klarstellung und Höflichkeit. Ich habe das Gefühl, die Leute rechtfertigen auf gewisse Weise zum Teil dadurch ihr eigenes Verhalten (früher hielt man mir die Tür auf, weil es sich so gehört bei einer Frau. Heute sagt man "bitte, die Dame", weil man dadurch den Kontext wahren will. Klar ist das völlig albern, weil man einem Mann ja genauso die Tür aufhält, aber trotzdem sind manche Dinge bei den Leuten verankert. Auch, wenn die meisten es leugnen: einem Mann gegenüber verhält man sich anders als einer Frau gegenüber. Das spüre ich immer deutlicher, sodass ich auch ohne Sprache sagen kann, ob jmd einen Mann oder eine Frau in mir sieht, einfach aufgrund der Art, wie jmd mich ansieht, mit mir spricht, auf mich zugeht, sich mir gegenüber verhält). Oh, wie ich es genieße, wenn ein Mensch mich sprachlich nicht gendert und sein Verhalten so neutral ist, dass ich spüre, dass er Frauen und Männern gegenüber keinen Unterschied macht. 

Zu 2): das ist nicht mal böse gemeint von den Leuten und läuft zum Teil auch unbewusst, wage ich zu behaupten. Aber unsere Gesellschaft ist schon SEHR danach ausgerichtet, wer sich wem wie gegenüber verhält (zB wenn Frauen mir plötzlich eine höfliche Frage nach der Uhrzeit nicht mehr beantworten sondern pampig reagieren oder sich im Bus unangenehm berührt abwenden, wenn ich mich ganz normal neben sie setze). Da sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, verbalisieren sie quasi den Grund für ihr Verhalten ... 

wie gesagt: ich vermute Kombi aus 1 und 2