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Ausgewählter Beitrag
So langsam kann ich endlich alles austesten, was ich schon immer wollte. Oder ganz neue Möglichkeiten ausprobieren. Aber ich glaube, ich habe meinen Stil so langsam gefunden ...
Seit meinem Umzug in die Stadt hierher war ich nur bei einem einzigen Friseur. Ich mag keine fremden Hände an meiner Intimzone Kopf, und er ist jemand, bei dem es vom ersten Moment an genau richtig war. Er kennt sich aus mit dem, was an Energien übertragen werden kann, schützt sich da gut und gibt auch nicht irgend etwas an mich weiter. Sein Laden ist sehr entspannend mit schönen buddhistischen Motiven, ein angenehmer Zimmerbrunnen, Salzlampen und sehr Ambiente-Licht, beim Haarewaschen ein Massagesessel, er hat die Termine perfekt aufeinander abgestimmt, es ist stets sauber und in der Regel befinden sich nur er und der jeweilige Kunde dort (und kurz vor Ende des Termins die nachfolgende Person). Er schnitt mir die Haare als Frau, jetzt als Mann, er kennt meinen Stil, meine Wünsche, meine Person. Er sagt mir ehrlich, was er von meinen Ideen hält, berät mich fachgerecht, lässt mich aber auch Dinge tun, die ihm selbst gar nicht gefallen oder von denen er abraten würde (schließlich muss ich selbst meine Erfahrung damit sammeln LOL)
Nach der Transition hatte ich einen ziemlich markanten Kurzhaarschnitt. Nicht dieses typische "alles abrasiert", das gefällt mir nicht. Sondern schon gestuft und mit etwas Form drin, sodass ich mit Gel oder Schaum noch variieren konnte. Aber pflegeleicht, kurz und männlich eben.
Inzwischen gehe ich dazu über, das Deckhaar wieder etwas wachsen zu lassen. Seiten und Nacken sehr kurz ausrasiert und dann nach oben hin länger werdend, ein schöner Übergang. Das Deckhaar geht in die Seiten über, ohne Kante (mag modern sein, aber mir persönlich gefallen die harten Kanten weniger gut, ich mag lieber weiche Übergänge, passt auch besser zu mir).
Die Frisur, die ich jetzt habe, ist im Grunde genau das, was ich seit meiner Jugend tragen wollte. Und was mir nie jemand geschnitten hat. Entweder machte man es zu kantig (sah dann aus wie so ein blöder Topfschnitt, wie er damals modern war, bäh). Oder man machte es zu fransig (ich sagte "Herrenschnitt" und man schnitt es mir "fransig", oh wie habe ich das gehasst, heute nennt man das Pixie, und das hat mir nie gefallen, aber man hatte meine Wünsche einfach nicht ernst genommen und alles auf weiblich umgedeutet).
Wenn ich in den Spiegel blicke, dann sehe ich jetzt endlich DIE Frisur, die ich schon damals auf den Klassenfotos um 1990 versucht hatte zu imitieren (keine Sorge: nicht unmodern, sondern ein zeitloser Klassiker).
Mein Friseur hat die letzten vier Jahre passend zu meinem Passing und meinem Gesicht und meinen Wünschen verschiedene Varianten mit mir getestet. Manches gefiel ihm besser, anderes weniger. Das, was ich jetzt habe, gefällt ihm. Er findet, dass es mir sehr gut steht, besser als die bisherigen Versuche. Oh, wie mich das freut!
Es ist schon krass: da musste ich erst vier Jahrzehnte auf diesem Planeten rumlaufen, bevor ich endlich die Frisur tragen darf, die ich schon immer haben wollte.
Meine Güte, echt jetzt? Es ist nur eine banale Frisur! Und trotzdem fühlt es sich so unglaublich toll an! Je länger man auf etwas wartet, desto wertvoller wird es. Und dann können so völlig banale, belanglose und unerwähnenswerte Dinge wie eine Frisur plötzlich ein solch riesiges Gewicht bekommen ...
2heartedman 03.11.2019, 09.19
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