two hearted man
Interne Seiten
RSS 2.0 RDF 1.0 Atom 0.3
2024
<<< März >>>
Mo Di Mi Do Fr Sa So
    010203
04050607080910
11121314151617
18192021222324
25262728293031
Statistik
Einträge ges.: 1238
ø pro Tag: 0,4
Kommentare: 263
ø pro Eintrag: 0,2
Online seit dem: 05.12.2014
in Tagen: 3401

Ausgewählter Beitrag

Wiedereinstieg in den Blog - Angekommen bei mir selbst

Seit März habe ich nicht mehr gebloggt. Deswegen ein paar zusammenfassende Worte, bevor ich hier wieder einsteige und nun wieder Beiträge veröffentliche:


Seit der OP war viel los. Oder wenig, kommt ganz darauf an. Wenig insofern, als es keine nennenswerten Ereignisse, Erlebnisse, Vorkommnisse gab. Mein Leben geht sehr ruhig, geregelt und entspannt voran. Es kommt eine Ruhe und Gelassenheit in mein Leben, die ich so noch nicht kannte. Ja, es gab Konflikte und Probleme, aber ich habe sie in letzter Zeit meistens sehr souverän und entspannt gelöst. Oft lasse ich es gar nicht soweit kommen, denn ich sorge mich nicht mehr unnötig oder grüble nicht lange über etwas nach sondern lasse die Situationen auf mich zukommen. "Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird" sagt man. Und ich ergänze: wenn man gar nicht erst kocht, dann spart man sich den Zwischenschritt des Abkühlens sogar noch.

Es gibt viele Beispiele, wo ich in den letzten Monaten sehr viele typischen Szenen erlebt habe, die mich damals in alte Muster hätten verfallen lassen. Und dann wurde ich damals unruhig, hatte Angst, wurde aggressiv oder habe mir große Sorgen gemacht und dann vor lauter Aufregung alles total vermasselt. Aber ich habe es inzwischen tatsächlich geschafft, ruhig zu bleiben. Souverän zu agieren. Gelassenheit zu empfinden und auch auszustrahlen. Ich habe die alten Muster erkannt, bin aber nicht zurückgefallen in alte Gewohnheiten. Das war jeweils ein großes Glücksgefühl: zu erkennen "ich bin mir nicht ausgeliefert, sondern ich lerne und werde besser".

Nach außen hin sahen diese Situationen vermutlich völlig banal aus. Niemand würde als Außenstehender merken, dass da überhaupt Potential für einen Konflikt bestanden hätte. Sogesehen war also in meinem Leben gar nichts los, wenn man von außen draufsehen würde, es lief alles ruhig und glatt, ich hatte Freizeit, angenehme Arbeit, schöne Termine. Aber ich selbst für mich weiß, dass exakt dieselbe Situation mir letztes Jahr wochenlang Bauchschmerzen bereitet hat. Dass eine ähnliche Situation vor zwei Jahren dazu führte, dass ich mehrere Nächte kaum schlafen konnte. Doch heute - blieb ich ruhig und habe auch den anderen Beteiligten ein Gefühl von Ruhe und Sicherheit vermittelt. 

Diese Ruhe und Gelassenheit wird immer mehr Teil meiner Persönlichkeit. Auch verschieben sich Prioritäten in meinem Leben. Vieles, was ich schon mehrfach im Blog geschrieben habe, wird jetzt immer deutlicher. Ich miste immer öfter aus, werfe sehr viel weg, trenne mich von alten Dingen. Konzentriere mich auf das Wesentliche. Stelle auch fest, dass ich Dinge anders gewichte als früher. Auf eine Weise, die für mich sehr entspannend ist und viel Druck rausnimmt aus meinem Leben. 

Ich bin sehr perfektionistisch, aber langsam fange ich auch an, Dinge nicht mehr so streng zu sehen. Erlaube mir Ausnahmen, werde nachsichtiger mit mir selbst. Fange an mich zu mögen und mir selbst zu verzeihen. Mich anzunehmen und gut zu mir zu sein. Das ist etwas, das mein Leben lang eine ganz große Baustelle war. Ich spüre, dass ich langsam heile und mich endlich auf "das Leben" konzentrieren kann statt immer nur auf "mich". 

Noch immer bin ich sehr viel unterwegs. Besuche Veranstaltungen, treffe hier Freunde, habe dort einen Termin. Aber ich empfinde es nicht als Hektik und Stress, weil ich es entspannt angehe. Und weil ich alles, was ich tue, gern tue. Außerdem schaffe ich mir viele kleine Atempausen, die ich gut nutze zur Erholung als Zeit für mich alleine. 

Ich habe gelernt, meine Gefühle endlich anzunehmen und sie auch zuzulassen. Es gab da verschiedene Phasen in meinem Leben: als Kind und in der frühen Jugend habe ich das exzessiv ausgelebt, und immer wurde mir widersprochen, wurde es mir abgesprochen, wurde es als falsch dargestellt. Sodass ich als Erwachsener alles immer mehr in mir verschlossen habe, bis ich am Ende kaum noch etwas zugelassen habe und man mir vorwarf, dass ich kalt sei. Zu lernen, all das zu fühlen und dann auch zuzulassen, dabei aber nicht überzuagieren, das war stellenweise ziemlich schwer für mich. Und als ich in den letzten Monaten anfing, das zuzulassen, da kam es stellenweise mit aller Wucht. Mit Zittern, Heulen, mit Erkenntnis über einiges was damals los war. Viele alte Wunden sind aufgebrochen, und das hat sehr weh getan, aber auf eine heilsame Weise, die ich gut zulassen konnte. Ich habe mich sehr viel daheim eingebunkert, um all das auszuleben und mich wirklich auf mich selbst zu konzentrieren. Inzwischen schaffe ich es sehr gut, Gefühle im jeweiligen Moment wahrzunehmen, sie zu benennen und auch entsprechend zu handeln. Das ist eine Befreiung, und ich werde von meiner Umwelt als authentisch wahrgenommen. 

Mit meinem Körper ist es das Gleiche: als Kind war ich sehr sportlich, körperbetont, empfindsam, habe dies aber irgendwann eingestellt (etwa Pubertät). Den Körper immer mehr ignoriert, bis ich ihn irgendwann kaum noch wahrgenommen habe. Und ja: ich habe viel versucht, mich wieder zu spüren, und nicht alles davon war gut für mich. Durch die Transition, durch den gezielten Sport unter fachlicher Aufsicht, durch meine innere Veränderung, konnte ich das immer mehr annehmen. Und je mehr er vermännlichte, desto mehr war ich bereit ihn als zu mir gehörig wahrzunehmen. Inzwischen genießen ich es, ihn zu spüren, ihn zu bewegen, weiß auch die unangenehme Momente zu schätzen (Schwitzen, Schmerz, Anstrengung usw) und freue mich über das Positive, Angenehme. 

Und, was mir besonders auffällt: ich lerne mich von alten Dingen zu lösen. Bin beständig am Ausmisten. Trenne mich von vielen Dingen, die mich mein Leben lang begleitet haben. Die ich noch nie genutzt habe oder seit Jahren nicht mehr nutze, die ich aber einfach nicht loslassen konnte. Deko, CDs, DVDs, Einrichtungsobjekte, Haushaltszeug, Kleidung, sonstige Dinge. Alle paar Tage fällt mir etwas ins Auge, das ich beiseite lege und dann wegwerfe, verschenke oder verkaufe. Die Wohnung wird immer klarer, ordentlicher, befreiter. Manchmal kriege ich auch einen richtigen Rappel und schnapp mir dann gleich einen ganzen Karton voll, den ich einfach entsorge.

Je mehr ich "ich" bin, desto weniger brauche ich Dinge, an denen ich das festmache. Je mehr ich in mir ruhe, desto mehr wird mir klar, dass das Drumherum eigentlich nur hinderlicher Ballast ist. Auch das ist einer der Gründe, warum es mir leichter fällt zu entspannen: weniger Ablenkung, mehr Konzentration auf das Wesentliche. Loslassen von alten Gefühlen, Gegenständen, Personen, Gewohnheiten und dadurch mehr Platz in mir und um mich herum (den ich nicht anfülle mit neuem Schrott, sondern den ich bewusst offen lasse). 

Ich hoffe inständig, dass das nicht nur eine vorübergehende Phase in meinem Leben ist. Sondern dass das jetzt ein Ausblick ist, wie es weitergehen wird: ereignisreich, bunt, lebendig, aber trotzdem entspannt und zufrieden. Ich lebe gern. Ich bin zufrieden. Mir geht es gut ... 

Aber dass es keine Phase sondern ein neuer Abschnitt ist, habe ich wenig Sorge. Denn es liegt vor allem an mir, ruhig zu bleiben und jeden Tag das Beste draus zu machen. Vor allem gibt es etwas, das mir das sichere Gefühl gibt, dass ich vermutlich tatsächlich bei mir selbst angekommen bin): Von Jugend an ist in mir ein "Getriebensein", ein "dies muss ich erledigen" und "jenes ist zu tun". Ständig aktiv, unruhig, auf der Suche nach dem, was zu erledigen ist, damit ich mich endlich hinsetzen und entspannen und ausruhen kann. Diese ständige Unruhe äußerte sich auf verschiedene Weise, innerlich wie äußerlich, körperlich wie psychisch. Ein sehr unangenehmes Gefühl. Selbst, wenn ich Urlaub hatte oder es mir gut ging, fühlte ich mich hektisch und getrieben, rastlos. Immer dachte ich "wenn das erledigt ist, DANN kann ich endlich Ruhe finden". Aber ich fand diese Ruhe nicht. 

Je weiter ich in der Transition vorangekommen bin, desto mehr ist dieses Gefühl verschwunden. Und seit meiner OP Anfang diesen Jahres ist es völlig weg. Klar bin ich noch immer ein aktives Wuselchen, ständig auf Achse. Teilweise aus Gewohnheit, teilweise weil ich einfach verdammt viel Energie habe und das irgendwo rauslassen muss (das ist ja auch etwas Gutes, ich weiß meine Energie positiv zu nutzen). Aber ich fühle mich nicht mehr getrieben. Habe nicht mehr das Bedürfnis, alles zu kontrollieren und alles erledigen zu müssen. Sondern ich kann mich einfach hinsetzen und zusehen, wie das Leben ganz einfach passiert. 

Niemals hätte ich zu träumen gewagt, eines Tages an diesem Punkt zu stehen! Ob es an der Transition liegt? Oder weil ich einfach älter werde und dazulerne? Vermutlich beides ;-)

Und auch, wenn ich jetzt für mich glaube, angekommen zu sein - zu Bloggen gibt es noch immer genug. Das Leben ist verdammt spannend! 

2heartedman 05.07.2019, 13.51

Kommentare hinzufügen

Die Kommentare werden redaktionell verwaltet und erscheinen erst nach Freischalten durch den Bloginhaber.



Kein Kommentar zu diesem Beitrag vorhanden