two hearted man
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What´s in a name

Seit etwa zehn Monaten ist mein neuer Name rechtskräftig. Wie geht es mir seitdem damit?

NEUER RUFNAME

Es gibt schönere Namen, und hätte ich ihn nicht geschenkt bekommen sondern mir heraussuchen müssen, wäre es garantiert ein völlig anderer Name geworden. Aber ich fühlte mich von Beginn an wohl damit. Stimmig, passend. Als würde er schon immer zu mir gehören.

Wenn ich den Namen lese oder höre (nicht bezogen auf mich), dann fühle ich mich angesprochen und verbinde etwas damit, fühle mich zugehörig, spüre eine Verbindung. Wenn jemand mich beim Namen ruft, hatte ich letztes Jahr noch das Gefühl "das ist neu" oder "yeah, das ist mein Name". Heute denke ich nur "das bin ich", ohne an trans* oder Namensänderung zu denken. 


NEUER VOLLSTÄNDIGER NAME

Mein neuer Name ist Teil meines Lebens, Teil meiner Persönlichkeit, Teil von mir. Die Bedeutung meines Namens ist etwas, worauf ich stolz bin und das mich sehr glücklich macht. 

Auch, wenn ich nur mit Rufname angesprochen werde, gehört der zweite Teil für mich genauso dazu. Ich stelle mich mit Doppelname vor, und auf Formularen schreibe ich es immer aus. Es tut gut und ist mir jedes Mal eine Freude. Ich kann mir keinen Namen vorstellen, der mich glücklicher machen würde als diese Kombi!

Es gibt jemanden, der meinen ersten Namen doof, den zweiten gut findet. Fragte, ob er mich beim zweiten nennen dürfe. Für mich in Ordnung, warum nicht? Allerdings musste ich schmunzeln, weil mir klar war, zu welchen Verwirrungen das für nichtbeteiligte Personen führen würde. Aber das sollte mal nicht mein Problem sein. Diese Person ist nun von selbst nach einer gewissen "Erprobungsphase" dazu übergegangen, mich mit vollem Namen anzusprechen statt nur mit zweitem. 

Eigentlich belanglos, keiner Erwähnung wert. Aber für mich war es sehr bedeutungsvoll: Ein Teil meiner Verwandschaft rief mich damals bei erstem, der andere Teil der Familie mit zweitem Namen. Das war ein dauernder Streit der Parteien, den sie auf meinem Rücken austrugen. Ich habe damals sehr darunter gelitten, aber das möchte ich hier nicht näher ausführen. Also war ich im ersten Moment unsicher, ob diese Situation nicht etwas in mir triggern würde, das mich in alte Muster fallen lässt. Aber das war nicht der Fall. Im Gegenteil, es freute mich, auch meinen zweiten Namen zu hören, und ich fand die Reaktion meines irritierten Umfelds amüsant. 


ALTER NAME

Mein Name früher war etwas, das mir ungefragt gegeben wurde. Etwas, das ich nie wollte und immer zu verstecken versuchte. Ich schämte mich für diesen Namen, mochte seinen Klang nicht. Hasste es, wenn er mich verriet. Und noch mehr hasste ich es, wenn jemand ihn komplett weiblich aussprach statt die neutrale Kurzform zu verwenden. Ich habe ihn noch nie als meinen eigenen Namen empfunden und gab mir von Kindesbeinen an unzählige Ruf- und Nicknamen. 

Als Kind / Jugendlicher beneidete ich Völker, die sich ihren Namen verdienen, erarbeiten. Oder die ihren Namen ändern, wenn ein wichtiges Ereignis im Leben dies erforderlich macht. Das habe ich mir oft gewünscht. Und es dann auch bekommen. Gut, es gab keine Initiation, nicht "das eine Ereignis". Aber, wenn das, was ich aktuell durchlebe, nicht auch eine harte Bewährungsprobe ist, was dann? ;-)

Inzwischen gibt es sehr viele Menschen in meinem Leben und meinem Umfeld, die den alten Namen gar nicht mehr kennen. Und es hat auch noch nie jemand danach gefragt. Selbst auf dem Amt musste ich ihn nicht angeben. Dafür bin ich sehr dankbar. 

Es gibt Momente, in denen ich völlig vergesse, dass ich einmal einen anderen Namen trug. Wie eine Schlange, die die alte Haut abstreift. Ballast, den ich nicht mehr mit mir herumtragen will. Liegt da eben rum, ist aber kein Teil mehr von mir, kann weg. 

In letzter Zeit habe ich häufiger Filme / Bücher gehabt, in denen dieser Name auftauchte. Und in meinem Umfeld gibt es zwei Frauen, die meinen alten Namen tragen. Ich reagiere null, fühle nichts. Und manchmal wird mir bewusst "upps. Eigentlich müsste ich da jetzt was fühlen, oder? Muss ich da noch was damit verbinden? Da war ja mal was" 

Aber da ist nichts. Das sind Buchstaben auf dem Papier. Das ist ein Name. Und ich spüre null und gar nichts, wenn ich eine andere Person so nenne, wenn ich ihn ausgesprochen höre oder irgendwo lese. 


ERGÄNZUNG / GROSSES ABER

Die Teile der Familie, mit denen ich zu tun habe, respektieren meine Entscheidung. 

Aber da gibt es jemanden, die den neuen Namen verweigert (und auch den Kontakt). Und dann gibt es die Großeltern, bei denen ich nicht geoutet bin. Habe es schon mehrfach zu erklären versucht, aber sie begreifen es nicht, sind inzwischen dement und verstehen nicht, was ich sage. 

Ich habe schon sehr lange nicht mehr mit ihnen telefoniert, weil sie nun kein Telefon mehr haben. Keine Ahnung, ob sie meine Stimme als Erkältung abtun würden, oder ob sie sagen "das ist nicht unsere Kleine, wer bist Du". Sie würden mich beim alten Name nennen. Noch dazu in der verhassten weiblichen Langform. 

Keine Ahnung, wie es mir in diesem Moment ginge. Kann mir vorstellen, dass da alte Wunden aufbrechen aufgrund der vergangenen Verletzungen. Bei den Großeltern wäre ich vermutlich einfach nur traurig, die können nichts dafür (doch, können sie sehr wohl. Aber dementen Menschen einen Vorwurf zu machen für das, was vor 30 Jahren einmal war ist unnötig). 

Im anderen Fall (Person, die Kontakt abgebrochen hat) wäre es wohl eher Wut, die zu zügeln mir sehr schwer fallen würde. Aber ich will nicht zulassen, dass sie bei mir Knöpfchen drückt und mich manipuliert, also würde ich es wohl als Lektion begreifen und mich in Gelassenheit üben, sollte es jemals wieder zum Kontakt kommen (den ich dann notfalls aus Selbstschutz von meiner Seite aus beenden werde) ... 


FAZIT

Ich will und werde das, was einmal war, nicht vergessen. Habe noch meine alten Dokumente, die ich aufbewahre. Alte Fotos. Erinnerungsstücke. Aber vieles davon wirkt inzwischen wie aus einem anderen Leben, wie ein Film ... 

Auf einem Werbeplakat hier in der Stadt steht "Identität beginnt mit einem Namen". Früher hätte ich das nicht begriffen, aber jetzt spüre ich es. Als wäre ich 40 Jahre durchs Leben geworfen worden ohne zu wissen, wer ich bin. Mit dem Namen kam die eigene Identität, beginne ich mich selbst finden ...

Früher hatte ich zig Nicknamen, habe mir fast jeden Monat einen neuen Avatar, einen neuen Nick, eine neue Mailadresse zugelegt, konnte mich nie festlegen, war immer auf der Suche. Inzwischen brauche ich das nicht mehr. Ich habe meinen Namen. Meinen zugehörigen Nick. Und fertig. Das bin ich. 

2heartedman 05.06.2017, 11.56

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