Urlaub, und wie üblich leite ich den gerne damit ein, dass ich ins Wellnesbad gehe. Vor allem, solange ich mir das aktuell noch erlauben kann. Wenn ich dann Haare auf der weiblichen Brust habe, wird das irgendwie doof aussehen in der Sauna, das will ich mir nicht antun.

Dass ich als Frau gesehen werde ist mir egal, solange ich nicht in Interaktion mit anderen Menschen treten muss. Trotzdem war es bereits jetzt ein seltsames Gefühl. Die Beine rasiere ich mir seit dem Outing nicht mehr. Schon immer war mir das ein Dorn im Auge, aber ich falle einfach nicht gerne auf (auch wenn manche mir das nicht glauben). Und eine Frau mit behaarten Beinen fällt auf, isso!

Und, wider Erwarten - die Erde tat sich nicht auf, man zeigte nicht mit dem Finger auf mich, ich wurde nicht aus dem Bad geworfen, niemand spuckte mir ins Gesicht, und irgendwie war alles völlig normal. Zugegeben, ich wüsste nicht, wie ein paar behaarte Beine den Weltuntergang beschwören sollen, aber Logik muss nicht immer logisch sein ;-)

Lassen wir mal den ganzen Trans*Aspekt außer Acht - ich fühle mich verdammt wohl in meinem Körper. Die Brüste stören, und zwischen den Beinen fehlt was. Aber wie gesagt, das lassen wir außer Acht. Ich bin gesund, mein Körper funktioniert. Und er sieht verdammt gut aus, das wird mir vor allem in Situationen des Nacktseins immer wieder bewusst, erst recht seit ich abgenommen habe. In solchen Momenten finde ich es manchmal traurig, dass ich meinen Körper nicht einfach annehmen kann, dass ich ihn als belastend empfinde. Der Gedanke, einen gesunden Körper diversen Operationen zu unterziehen ist schon befremdlich, und ich wüsste nicht, wie ich das einem Außenstehenden erklären sollte. Da hast Du etwas Wunderschönes, und dann sagst Du "nö, gefällt mir nicht", lässt es verändern, hast anschließend Narben, und DANN auf einmal sagst Du "JETZT ist alles richtig". Irgendwie traurig. Wie gesagt: es muss nicht immer logisch sein, diese Art von Körperbewusstsein lässt sich nicht in Worte fassen.

Ja, ich werde mit Narben am Körper eines Tages aufrechter stehen als jetzt in meinem gesunden, scheinbar perfekten Körper!

Interessant fand ich an diesem Tag, dass ich nicht angeflirtet wurde. Früher konnte ich nie ins Bad, ohne dass jemand mich angrabschte, angaffte oder mir bedenklich nah auf die Pelle rückte. Im Schwimmbad, in der Sauna, an der Poolbar, egal wo, ständig hatte ich jemanden an mir pappen, und manchmal musste ich sogar laut werden, bis die Leute begriffen, dass ich der falsche Flirtpartner bin. Aber die letzten beiden Male, seit dem Outing, kam niemand auf mich zu, flirtete niemand. Ob ich etwas ausstrahle, das sie abhält? Oder ob das Zufall war?

Und dann habe ich mir natürlich die Männer angesehen. Habe ich schon immer, schon als Kind. Frauen haben mich nie interessiert, aber die Männer. Wie sind die gebaut in Körperform, wo genau sitzt "er", wie ist mann bestückt, wie ist das mit den Muskeln, wie sind die Kerls behaart, welche Körperformen gibt es, und so weiter. 

Ich gebe mir Mühe, nicht zu starren, auch wenn es schwerfällt. Aber ich finde das so schön zu beobachten. Und es macht mir Mut. Weil es eine solche Fülle an Variationen gibt! Männer, deren Penis kleiner ist als mancher unoperierte nur durch Testo gewachsene Klitpen. Bei manchen Männern hängt er klein und schrumpelig irgendwo da oben, bei anderen hängt er schwer und schlapp ganz weit unten. Bei manchen ist er länger, bei manchen kürzer als die Hoden dahinter. Mancher trägt in der Hose gewaltig auf, und andere sind kaum mit bloßem Auge zu erkennen (so genau wollte ich dann doch nicht gucken, DAS wäre aufgefallen). 

Einen echten werde ich nie haben. Aber wer weiß, wie das Testosteron mich verändert. Und wenn ich die Männer so ansehe, denke ich, dass ich mich eines Tages voll als Mann werde anerkennen können. Größe ist wirklich nicht alles! 

So ein Tag macht immer ein bisschen traurig. Aber baut auch wahnsinnig auf. Ich will die Möglichkeit, ins Schwimmbad und die Sauna zu gehen, noch einige Male nutzen, bevor ich den Badeanzug endgültig an den Nagel hänge ...