two hearted man
Interne Seiten
RSS 2.0 RDF 1.0 Atom 0.3
2024
<<< April >>>
Mo Di Mi Do Fr Sa So
01020304050607
08091011121314
15161718192021
22232425262728
2930     
Statistik
Einträge ges.: 1238
ø pro Tag: 0,4
Kommentare: 263
ø pro Eintrag: 0,2
Online seit dem: 05.12.2014
in Tagen: 3424

Ausgewählter Beitrag

Vorgespräch Mastek

Vor ein paar Tagen hatte ich das Vorgespräch für die Mastek. Ich habe es verbunden mit einem Tagesausflug. Mit einem Kumpel fuhr ich im Zug zum Doc, wir waren schön in der Stadt spazieren, haben viele Eindrücke in uns aufgenommen und eine Menge geplaudert. Und dann das Gespräch mit dem Arzt ...


Die Praxis ist ziemlich nobel. Naja, logisch, es ist ein plastischer Chirurg. Er operiert als Belegsarzt in einer großen Klinik, auch Kassenpatienten. Aber seine private Praxis ist aufgelegt auf die "anderen" Kunden. Und da muss das schon ordentlich was hermachen. Wäre ja seltsam, wenn ein Schönheitschirurg eine 0815 Praxis hat, die steril wirkt, die Kunden erwarten da schon etwas (ich rede hier mal von "Kunden", nicht von "Patienten"). Zugegeben, ich fühlte mich etwas deplatziert. Aber macht nichts, dafür habe ich das Gespräch auch selbst gezahlt (sonst hätte ich noch einige Monate warten müssen, weil die Kassentermine alle voll sind. Und das war es mir dann wert). 

Man bot mir einen Kaffee an, während ich wartete, die Sprechstundenhilfe war sehr freundlich, ich füllte den Anamnesebogen aus, und bald kam der Arzt, ich folgte in sein Sprechzimmer. 

Er erklärte mir ein paar Dinge. Ich erklärte in knappen Worten meine Vorgeschichte und gab ihm einiges an Unterlagen, die ich mitgebracht hatte. Mammasonographie von der Frauenärztin und aus der Klinik, Befunde von beiden, außerdem ein paar Blutwerte und Hormonwerte aus der letzten Zeit. Bestätigung meiner Ärzte, dass ich auch wirklich trans*ident bin und die bisherigen Auflagen erfülle, usw. Er machte sich von dem, was er benötigte, ein paar Kopien. 

Dann gingen wir in den Behandlungsraum, und er sah sich das an. Erklärte mir anhand meiner Ausgangslage, welche Schnitte er machen würde, wie er vorgeht, wo in etwa er ansetzen würde, was mich erwartet. Erklärte die Schwierigkeiten, die Vorteile, die möglichen Komplikationen. Machte haufenweise Fotos und notierte sich alles. Das wird dann in sein Schreiben einfließen, das er an mich schickt, damit ich das der Krankenkasse weiterleiten kann, wenn ich die Kostenübernahme beantrage. Die wollen ja schließlich wissen, wofür sie zahlen. 

Manchen ist das unangenehm, aber ich kam gut damit zurecht. War schon oft in der Sauna, viel zu oft beim Frauenarzt, und außerdem ist er ja kein Spanner sondern ein professioneller Mediziner. Das war nicht seine erste trans*männliche Brust, die er da gesehen hat, das merkte man ihm an, und es war angenehm freundlich distanziert professionell entspannt. 

Anschließend zurück ins Sprechzimmer. Er zeigte mir viele Fotos, unter anderem von Männern mit Gynäkomastie, die er behandelt hat (weil ich nach den Unterschieden fragte und das sehr spannend fand, zumal es mir als "neuer" Mann eine gewisse Sicherheit gibt, dass nicht nur Trans*Männer diese Narben aufweisen) und auch von Trans*Männern mit unterschiedlichen Ausgangssituationen. Er erklärte anhand der Bilder einige weiteren Dinge, und ich konnte dazwischen immer wieder Fragen stellen. 

Er wirkte etwas abgelenkt und müde, aber es war auch schon später Nachmittag. Auch hatte ich zufällig im Wartezimmer mitbekommen, dass er wohl schon einen recht langen Tag hinter sich hat und noch nicht mal Pause machen konnte. Irgendwie finde ich sowas übel, das ist für den Beruf des Mediziners leider normal, und mir stellt es oft die Nackenhaare auf, wenn ich so etwas höre! Irgendwie bin ich froh, dass Operationen idR vormittags stattfinden bzw zu Beginn der Schicht eines Arztes (soweit ich weiß. Sollte es anders sein, lasst es mich bitte NICHT wissen). 

Was mich aber beeindruckte: Er zog alles zügig durch, sprach teils recht schnell, er antwortete rasch, und man merkte, dass er diese Art Fragen schon unzählige Male beantwortet hat (jau, wenn ich das zwölfte Aufnahmegespräch am Tag mit einem Klienten führte, hatte ich einen ähnlichen Tonfall, irgendwann wiederholt man sich eben nur noch). Aber trotz alledem, dass es für ihn Routine war und er erschöpft wirkte, nahm er sich wirklich ausreichend Zeit für mich. Ich fühlte mich in meinen Anliegen ernst genommen, er beantwortete alles sehr genau. Er sprach kein Medizinerdeutsch sondern so, dass ich alles verstand und erfassen konnte. Hier und da musste er schmunzeln, aber es fühlte sich nicht herablassend an (was ich von Ärzten nicht selten bereits erlebt habe), sondern eher freundlich amüsiert. Ich hatte den Eindruck, dass er mir wirklich zuhört und mich ernst nimmt, und das tat gut. 

Außerdem hatte ich den Eindruck, dass er aufrichtig ist. Ich habe ja den Vortrag auf der Tagung gehört, ich war letztes Jahr schon bei einem Vortrag zu einem anderen medizinischen Thema, und ich habe viel im Netz gelesen. Manchmal habe ich den Eindruck, einige der Ärzte preisen ihre Technik an und reden die Risiken klein und wollen es beschönigen. Diesen Eindruck hatte ich bei ihm nicht. Er gab mir zu verstehen, dass er meine hohen Ansprüche an die Ästhetik wahrnimmt und versteht, aber dass er trotz allem nicht zaubern kann, auch nicht als plastischer Chirurg. Dass sehr wohl Narben sein werden, und dass er sich zwar Mühe geben wird, dass sie klein und gut werden, aber  dass es trotzdem große Schnitte sind mit bleibenden Narben quer über die Brust (und ggf bis zu den Achseln), und dass auch Dinge wie Wundheilungsstörungen oder andere Probleme nicht immer in seiner Hand liegen. 

Die Ärztin auf der Tagung erzählte, dass sie schon soooooo viele Operationen gemacht habe und nur eeeeeeinmal eine Nekrose passiert sei (was mir unwahrscheinlich scheint bei soooooo vielen OPs), und das lag natürlich am Patienten, der Raucher war, nicht an ihr (oh mann, sowas passiert, da muss der Arzt nichts dafür können, aber es auf den Patienten zu schieben ist irgendwie auch blöd, das wirkt wie "ich bin perfekt und mache keine Fehler", sowas ist mir suspekt). Er dagegen nannte er zwar keine Zahlen (er habe da keine Statistik geführt), sagte aber klar, dass es zwar nicht die Regel sei aber doch immer wieder einmal passieren könne und man den Gedanken nicht ganz verdrängen dürfe. Das fand ich okay, denn ich will nicht angelogen werden, mich in falscher Sicherheit wiegen und anschließend völlig schockiert sein vom Ergebnis. 

Er war angenehm direkt. Hat mich nicht verunsichert und schockiert, aber auch nicht in Watte gepackt und mir Einhörner und Regenbogen versprochen. Fand ich eine angenehme Mischung, die mir zusagte. 

Was mir auch gefällt: in der Klinik arbeitet einer der Ärzte, die Aufbauten machen und der in Deutschland recht bekannt ist dafür. Im Endeffekt ist es mir egal, ob ich mit Männlein oder Weiblein auf dem Zimmer bin, aber trotzdem ist es ein gutes Gefühl, wenn man auf einer eigenen T*-Abteilung liegt. Mit anderen Patienten, die mit aufdringlichen Fragen löchern, die sich belästigt fühlen (etwa wenn ich als TM auf einer Frauenabteilung liege oder mich als geborene Frau vor einem fremden BioMann umkleiden muss), ist es eben nicht immer leicht. Aber, wie gesagt, es gibt eine eigene Abteilung für uns. Und die Mitarbeiter kennen sich auch aus, das ist jetzt nicht neu, sie kennen die Probleme und Anliegen und Besonderheiten. 

Nach der Operation ist der Arzt zur Verfügung, beantwortet Fragen, erklärt die Pflege, steht zur Seite. Das war mir wichtig, deswegen fragte ich ihn danach. Er lächelte, meinte, diese Frage würde viel zu selten gestellt. Das freut mich, denn eine Betreuung nach der OP ist mir wichtig. Einfach, weil ich damals bei meiner OP vor 20 Jahren keine Betreuung hatte und sehr darunter gelitten habe, dass man mich alleine ließ mit meinen Fragen und Ängsten. Das soll mir nun nicht mehr passieren. 

Ich würde 3 bis 4 Tage auf Station liegen, dann könnte ich nach Hause. Sollte es Probleme geben, darf ich anrufen und auch vorbeikommen. DAS ist mir wichtig, denn die Klinik vor Ort ist nicht gerade für Trans*Personen ausgelegt, da habe ich schon einige Schauergeschichten gehört. Selbst, falls er nicht da sein sollte (Urlaub, krank), die Mitarbeiter wissen Bescheid und sind damit vertraut. Das ist gut zu wissen und beruhigt mich sehr. 

Das Gespräch war also über privat, aber die OP würde ich über Kasse machen. Das heißt, wenn meine Namensänderung durch ist (hoffentlich bald) und die 18 Monate Therapie erfüllt sind (im Juni / Juli), dann werde ich den Antrag bei der Krankenkasse stellen. Die Wartezeiten betragen bei ihm aktuell etwa ein halbes Jahr, falls jemand abspringt kann man auch vorgezogen werden. 

Also, drückt mir bitte die Daumen, dass die Namensänderung flink geht und die Kasse keine Problem macht. Es wäre toll, wenn es Ende diesen / Anfang nächsten Jahres endlich so weit ist! Dann kann ich wieder in die Sauna ... dann kann ich endlich weiße Hemden tragen ohne durchscheinenden Binder ... dann kann ich in der Fitnessbude endlich die blöden Übungen machen, die mich sonst immer verraten ... dann kann ich oben ohne im Freibad liegen. Und muss mich nicht mehr schämen, wenn ich zu Hause ohne Binder rumlaufe und es an der Tür klingelt ... dann kann ich mich endlich auch optisch ohne Klamotten fühlen wie ein Mann ... dann muss ich das nicht mehr ständig verstecken ... 

2heartedman 15.05.2016, 16.38

Kommentare hinzufügen

Die Kommentare werden redaktionell verwaltet und erscheinen erst nach Freischalten durch den Bloginhaber.



Kein Kommentar zu diesem Beitrag vorhanden