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Therapie 49 - Als Mann im Frauenjob

Der Job hatte heute Vorrang. Trauer, Familie und ein paar persönliche Dinge sind mir auch wichtig, aber ich will erstmal im Job klarkommen, weil mich das vor allem in Hinblick auf meine männliche Identität bedrückt.


Habe hier ja schon geschrieben, wie verwirrend meine neue Rolle als Mann in einem Frauenberuf ist. Das will ich hier jetzt nicht mehr so weit ausführen. 

Jedenfalls ist es das, was ich dieses Mal thematisiert habe. Und wie zu erwarten konnte er mir keine Antworten geben. Wie auch, es ist einfach etwas Individuelles, das eher mit dem eigenen Empfinden zu tun hat als mit Fakten und konkreten zu benennenden Dingen. 

Aber trotzdem war es sehr hilfreich. Denn wie schon oft gesagt, Therapie kitzelt raus, was eigentlich in einem selbst drinsteckt. Und als ich mich bewarb, kam natürlich hier und da auch die Frage vom Gegenüber, wie ich damit umgehe. Und daher hat der Therapeut manches angesprochen, was auch ich selbst schon benannt hatte, wenn ich mich verkaufen musste: 

Es ist gerade in einem von Frauen dominierten Beruf von Vorteil, zwischen den Welten zu tanzen und mit weiblicher Sozialisierung als Mann zu agieren. Das ist kein Nachteil sondern ein Geschenk, das man nutzen sollte (er erwähnte diesen Aspekt allerdings gerade, als es um meine Sprechweise, Stimme usw ging. Das ist etwas, woran ich zu knabbern habe, wo er aber eigentlich schon Recht hat *seufz*. Trotzdem macht meine unkontrollierte Stimme mir zu schaffen, vor allem, wenn ich gerade in sensiblen Momenten wieder in die Kopfstimme gleite). 

Und es ging darum, wie man sich professionell abgrenzt, den Leuten auch klarmachen kann, dass es ein professioneller Job ist und kein privates Vergnügen (auch, wenn sie einen sympathisch finden mögen und die Zeit miteinander angenehm ist für sie). 

Was mir später nach der Sitzung noch durch den Kopf ging: man muss sich ja einerseits fragen, was von außen kommt, aber auch, was der eigene Anteil ist. Warum habe ich mir diese Fragen früher nicht gestellt, heute aber schon? 

Klar war früher der Rahmen dafür nicht gegeben in meinem alten Job. Trotzdem weiß ich, dass es bei anderen Kolleginnen sehr wohl Thema war. Ich sage immer, dass ich einfach nicht der Typ Frau war, der angemacht wurde, der als begehrenswert gesehen wurde usw. ABER: ich weiß auch, dass das albern ist, weil es so etwas in der Form nicht gibt und ich ja auch nicht hässlich oder abstoßend war und es also auch hätte passieren können. Daher überlege ich, ob es evtl daran liegen könnte, dass meine Selbstwahrnehmung sich geändert hat. 

Dass ich also früher nie auf den Gedanken kam, dass jmd mich attraktiv finden und das beruflich ein Problem werden könnte. Und dass ich jetzt, wo ich anfange, mich in meinem Körper wohlzufühlen, plötzlich sehr wohl glauben könnte, dass das möglich ist. Keine Ahnung, ich weiß es nicht. Dazu müsste ich jetzt in meinem alten Job sein und dort als Mann arbeiten, um das 1:1 zu vergleichen, ansonsten kann ich nur Vermutungen anstellen. Aber so abwegig klingt das nicht, zumindest würde ich das jmd anderem unterstellen, der in meiner Situation mit dem gleichen Thema zu mir käme ;-)

Ansonsten ging es auch darum, ob ich mich outen soll vor den Kunden oder nicht. Und darum, wie ich es thematisieren kann, falls es sich nicht vermeiden lässt. Denn mein Privatleben hat vor Kunden nichts verloren, lässt sich aber nicht immer verhindern (etwa wenn wir auf der Straße jmd begegnen, der mich von früher kennt und als Frau anspricht, oder wenn ich mich verplappere oder oder). 

Da gilt es dann für mich einfach, in der Gesprächsführung den Ball zurückzuspielen, also nicht "ja, ich wurde tatsächlich als Frau geboren" oder "nein, ich war schon immer ein Mann", sondern von mir weg auf das Empfinden das Kunden hin, zB "das scheint Ihnen unangenehm zu sein, woran liegt das?" oder "ist das wichtig für Sie? Haben Sie Schwierigkeiten, mit einem Mann / einer Frau zu arbeiten?" 

Wobei man natürlich immer die Situation und die Person berücksichtigen muss. Es gibt Kunden, wo ich es auf jeden Fall vermeiden möchte, weil ich es mir problematisch vorstelle. Und Kunden, wo es sich vermutlich über kurz oder lang ergeben wird und was vermutlich auch unkompliziert ist. 

Das Problem ist halt "Störungen haben Vorrang", und falls ein Arbeiten nicht möglich ist, solange die Situation nicht geklärt ist, dann muss es notfalls sein. Aber dann ist es wichtig, dass ich das Thema generell bespreche, also nicht über mich, sondern allgemein. 

Wie gesagt: das habe ich mir vor einiger Zeit, als ich mich bewerben musste, auch so ausgedacht im Kopf und mir so vorgenommen. Aber wenn man plötzlich in der Situation steckt und mit Fragen konfrontiert wird und sich in dem ganzen Chaos aus Arbeit, Privatleben, Beziehung, Todesfall, Widerspruchs - Schreiben und Co verirrt, dann verliert man diese Punkte schon mal aus dem Blick, in letzter Zeit bin ich oft etwas chaotisch. War gut, dass er mich daran erinnert hat. Und mich auch motiviert hat. 

Wobei Theorie und Praxis zwei Dinge sind. Meine gefühlte Unsicherheit kann ich nicht von heute auf morgen ablegen. Aber wenn ich wieder in solch einer Situation bin, dann versuche ich daran zu denken, was ich mir vorgenommen habe und was auch er gesagt hat, und vielleicht schaffe ich es dann, innerlich etwas entspannter zu werden ...

2heartedman 24.09.2016, 18.06

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