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Therapie 40 - Passing

Erst einmal kurz besprochen, was mich zuletzt gefreut hatte, nämlich mein sportlicher Fortschritt. Und erzählt, wie es beim Gutachter Nr 2 lief. Danach dann über das Thema, das mich die letzten Wochen immer mehr beschäftigt.


Kommt ja hier im Blog deutlich durch, was mich momentan ständig wurmt: Passing. Die Frage, wie Menschen mich im Alltag lesen. Und der Frust darüber, dass ich noch immer als weiblich angesehen werde. 

Habe hier ja schon angeschnitten, dass es vermutlich damit zusammenhängt, dass mein Männerbild nicht das typisch klischeehaft männliche ist, sondern etwas eleganter, filigraner, eher metrosexuell. War also nichts Neues, das wir besprochen haben. Aber es tut irgendwie gut, wenn ein anderer das ausspricht, was ich selbst nicht sagen kann. Bzw wenn ich durch ihn im Dialog dann selbst das ausspreche, was ich zwar weiß, aber ungern wahrhaben möchte. 

Als er vorschlug, dass ich ja aktuell mit manchen markant männlichen Merkmalen das Passing ergänzen könnte, fasste ich es knapp zusammen: "Aber das bin nicht ich".

Er gab mir auf freundliche Weise zu verstehen "naja, entweder damit klarkommen, wie es momentan ist, oder eben etwas dran ändern". Stimmt schon, Recht hat er, also werde ich wohl damit klarkommen müssen, weil ich es nicht ändern will. Und er hat mir Mut gemacht, dass es irgendwann kippen wird. Auch das weiß ich, tat aber trotzdem gut *smile*. 

Witzig fand ich, dass er auf das Thema "Uhr" zu sprechen kam. Ja, ich trage kleine Uhren, oder sogar ein dünnes Armkettchen (in Trans*Farben babyblau babyrosa weiß). Er meinte, dass zB große klobige Uhren typisch männlich seien, und ich musste grinsen. Ja, sind sie. Und eigentlich wollte ich mir zum Start der Transition selbst ein Geschenk machen, nämlich eine Uhr, eine männliche Uhr. Stand mehrere Male immer wieder im Swatch - Laden und habe mich umgesehen, bis mich eine anlacht. Habe den Katalog gewälzt. Auf das neue Saisonprogramm gewartet. Es gab hübsche Uhren. Aber die eine war zu klobig, die andere zu schwer, die andere zu breit. Die nächste hatte tausend Funktionen (wozu brauch ich wasserdicht mit drei Zeitzonen digital analog Datum nachts leuchtend? Eine Uhr ist doch kein Schw***ersatz, ich will doch nichts kompensieren?). Zumal mein Handgelenk von zierlichen 14 cm ziemlich bescheuert aussähe mit so einer fetten Uhr. 

Trotzdem wollte ich eine haben, es vergingen wirklich einige Monate, in denen ich mich vorab immer wieder danach umgesehen hatte, aber ich fand einfach keine, die mir gefiel. Und jetzt behalte ich meine alte Uhr. Bevor ich sie beschreibe: googelt nach "Swatch Black Flower". Die schwarz/graue mit dem Steinchen auf Höhe der Fünf inmitten eines Rankenmusters. Das samtene Lederbändchen habe ich allerdings ersetzt durch eine Metallband (silber, mittig schwarzer Streifen), das etwas männlicher aussieht. Trotzdem, es ist eine weibliche Uhr, daran gibt es nichts zu rütteln, und ich habe lange mit mir gehadert. Aber ich brachte es nicht übers Herz, sie aufzugeben, weil ich das Design toll finde. Und vor allem finde ich, dass es zu mir passt und mir steht! Schlicht und elegant. 

Es gibt noch ein paar andere Details, mit denen ich mich männlicher darstellen könnte. Aber will ich das wirklich? Er sprach es klar aus: was ich trage, wie ich mich gebe, das ist nicht markant männlich, sondern eher ein Stil, wie ihn auch eine Frau haben könnte. Ich nenne es mal androgyn (das gefällt mir besser als "auch weiblich" *g*). 

Männlicher Schmuck ist mir oft zu grob. Schatz hat eine Kette für uns als Paar gekauft, und das männliche Teil ist zwar sehr hübsch aber ziemlich klobig, das weibliche dagegen klein und verziert. Da denke ich mir immer wieder, wie schade es ist, dass es für Männer so wenig hübsche Dinge gibt, und wenn dann so fett und riesig. Ich kann nun den klobigen Anhänger tragen oder den zierlichen (der zierliche sähe bei ihm albern aus, da er eher kräftig gebaut ist. Also nehme ich den kleinen Anhänger. Aber nicht jeder Mann ist kräftig gebaut oder haarig wie ein Bär). 

Wenn ich dann in der Herrenabteilung stehe, fällt es echt schwer. Denn Business ist toll aber nichts für den Alltag. Für den Alltag gibt es nur wenig ohne Aufdruck. Und Aufdruck hat fast immer was mit Beach, Highschool, University, Sail, Marine, Army, Adventure, Bike ... irgendein sinnloser Text a la "´74 Beach Team" oder "Australia Adventure". Auf meinem Stoffgürtel steht "Marine North Coast Climate". WTF?!? Kann mir das jemand erklären? Warum muss auf einem Stoffgürtel so ein dämlicher Text gedruckt sein?!? In diesem Fall machte ich eine Ausnahme, weil das unauffällig ist und der Gürtel recht hübsch (ich bin schwul, ich darf "hübsch" sagen *fg*). 

Vielleicht wäre mein Passing wirklich besser, wenn ich Hemden trüge, auf deren Taschen sowas wie "Atlanta Team South" oder sowas steht, als Bild ein Anker oder Boot oder Football oder Motorrad. Dazu eine Kette mit 3 cm Durchmesser Anhänger, eine breite Uhr, fette Boots. Aber ist es mir das wert? Wie gesagt: das bin ich nicht! 

Nachdem ich die letzten Wochen hier im Blog schon ständig rumnöle zu dem Thema und meinen Schatz ständig zutexte, dass ich kein Passing habe, habe ich nach der Sitzung gestern für mich beschlossen, das Thema abzuhaken. Ich muss es eben nehmen wie es ist, wenn ich ich selbst bleiben will. 

Habe überlegt, ob es etwas gibt, das mir gefallen würde und trotzdem etwas männlicher ist. Ja, es gibt typische Chinos, wie sie eher Männer tragen, und im Einkaufszentrum heute habe ich mich mal umgesehen, haben dort ein paar Klamottenläden. Blöd nur meine Figur, in dem Fall speziell die Oberschenkel. Bei einer Jeans fallen diese nicht auf, bei einer Stoffhose sieht es albern aus. Früher war es Fett, aber seit dem Training ist dort auch viel Muskelmasse, da ist es nicht leicht, eine lose Stoffhose zu finden. Schade, das wäre eine Option gewesen. Vielleicht finde ich ja in einem anderen Laden mal eine, die besser passt und nicht aussieht wie Presswurst, ... ich finde, Stoffhosen müssen leicht fallen, da will ich keine Kontur sehen. 

Als ich bei meinem Lieblings - Herrenausstatter vorbeikam (der momentan noch zu teuer ist, solange ich mich erprobe), riskierte ich trotzdem einen Blick. Und ja, mein Blick ruhte (mal wieder) auf den leichten Sommerschals. Mir wurde klar: ich kann nicht aus meiner Haut! Warum sollte ich auch?

Ich werde mich also bemühen, geduldig zu warten. Auch, wenn es etwas länger dauern wird. Aber dafür bleibe ich ich selbst ... 

2heartedman 11.06.2016, 14.41

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