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Ausgewählter Beitrag

Sascha Felix

Diese Entscheidung ist etwa drei Monate her. Aber ich kam einfach nie dazu, es zu bloggen. Ständig waren andere Sachen gerade vorrangig. Außerdem ist das etwas für mich sehr Persönliches, und das zu schreiben fällt mir normalerweise immer schwer. Mag für Außenstehende vielleicht eher klein und banal klingen, aber für mich ist es doch sehr intim. Mein eigener Name ist nicht nur ein Name, es steckt so viel mehr für mich dahinter ...


In >diesem< Beitrag war mein Zwiespalt bereits spürbar. Klar sagte ich, dass ich mir absolut sicher sei. Trotzdem äußerte ich einige Bedenken. Es gilt eben einfach damit zu leben, es im Alltag zu erspüren und zu erfahren, wie es sich anfühlt, deswegen hat man ja auch Zeit ...

Wie gesagt, Felix spukte mir schon von Kind an im Kopf. Aber Sascha (Deadname) ist einfach gewohnt und bekannt. Und es hilft anderen Menschen bei der Umstellung. Mir wurde aber klar: ich will nicht für die Umstellung leben, sondern für die Zeit danach. Und je konkreter der Gedanke an diese Kombination wurde, desto unwohler fühlte ich mich mit dem Namen und auch dessen Bedeutung. Zwar wuchs ich christlich auf, und ich stehe auch hinter den christlichen Werten, doch der Religion als solche stehe ich nicht positiv gegenüber, und ich möchte dies nicht im Namen tragen. Auch der Klang von (Deadname) wurde mir, je häufiger ich das weiche "Sascha" hörte, immer unangenehmer.

Wenn ich auf Arbeit bei diesem Namen gerufen wurde (und noch immer werde), fühlte es sich unschön an. Ich verbinde es mit dem alten Namen, und das mag ich nicht. Es erinnert mich an viele Dinge, die ich zwar nicht vergessen aber zumindest hinter mir lassen möchte.

Und dann war ich im August bei diesem Treffen. Ich bekam ein Namensschild, darauf stand (Deadname). Weil ich dort geoutet war, schrieb ich einfach "Sascha" darunter. Und wie zu erwarten kam mehrfach die Frage "ja, und was davon soll ich jetzt sagen?"

Ich erklärte, dass beides okay sei, man möge es sich raussuchen, was besser gefällt. Und quasi jedes Mal erntete ich irritierte Blicke und die direkte Aussage "ja, gehts noch? Das ist DEIN Name. Wär ja noch schöner, wenn ich das entscheiden soll! Entscheide Dich doch bitte mal selbst" ;-)

Manchmal braucht man einfach ´nen Arschtritt, um sich von Gewohnheiten zu lösen. Das war der eine Tritt, der mir klarmachte, dass ich SASCHA bin, und nicht mehr (Deadname).

Und dann kam der emotionale Tritt, und der war ganz massiv: da war das Namensschild eines anderen Mannes, und darauf stand groß und breit "Felix". Und immer wieder schielte ich heimlich auf dieses Schild und dachte mir "mensch, so gerne, ich will auch". Es tat ziemlich weh, und mir wurde klar, dass (Deadname) aufzugeben leichter ist als auf Felix zu verzichten. Felix ist ein lang gehegter inniger Wunsch, der mir sehr viel bedeutet. (Deadname) ist nur eine alte Gewohnheit, derer ich mich aus Bequemlichkeit nicht entledigen wollte. Zwar mit ein paar wenigen positiven Erinnerungen, doch die Nachteile überwiegen.

Was nie ein Argument war, worüber ich aber dennoch froh bin: (Deadname) ist sowohl bei Trans*männern als auch *frauen ein sehr häufiger Name in meiner Generation. Logisch, weil das wohl ein sehr häufiger Name war in meinem Jahrgang und drumherum, bei Männlein wie auch Weiblein. Und wer keine exotischen Namen mag, der greift gerne auf das Bewährte. Vor allem, wenn mit dem Namen nichts Negatives verbunden ist. Ich kenne real wie auch im Forum mehrere (Deadname) mit einem trans*identen Hintergrund. Ich freue mich, dass Sascha Felix zwar ein absolut gängiger Name ist, der aber trotzdem eine gewisse Individualität aufweist ;-)

An diesem Wochenende wurde mir jedenfalls klar, dass ich Sascha Felix bin. Rufname nur Sascha, man muss ja nicht übertreiben. Aber Felix gehört von Kindesbeinen an zu mir. Und, hey, immerhin behalte ich ja den Nachnamen, der ist Vergangenheit genug.

Auch das ist einer der Gründe, warum ich von Beginn an vorhatte, mir Zeit zu lassen. Weil ich wusste, dass manche Prozesse Zeit benötigen. Natürlich würde ich gerne mit dem Finger schnippen. Aber dann würde ich möglicherweise Entscheidungen treffen, die ich später bereue. Gut, das kann jetzt immer noch passieren, aber die Wahrscheinlichkeit sinkt. Ich habe Zeit, mich in meine neue Rolle einzufühlen. Zeit, mich an den Namen zu gewöhnen. Das innere Drängen, diese Identität zu leben, diesen Namen zu führen, damit angesprochen zu werden, ihn aufzuschreiben, das ist ein schönes Gefühl.

Außer auf Arbeit und gelegentlich bei offiziellen Anliegen gibt es (Deadname) quasi gar nicht mehr. Und wider Erwarten vermisse ich den Namen auch gar nicht.

Wie gesagt: manchmal braucht man einen Tritt in den Hintern. Danke Euch, die mich so klar auf diesen offensichtlichen Widerspruch hingewiesen haben!

************

Edit am 01.08.18: Früher stand hier mal mein Name. Ich habe es jetzt ersetzt durch "Deadname". Früher konnte ich nicht nachvollziehen, warum manche Trans*Personen ihren alten Namen nicht mehr aussprechen können oder wollen, das Wort "Deadname" fand ich ziemlich heftig. Es bezeichnet den alten Namen, den man abgelegt hat.

Inzwischen aber ist mir das tatsächlich  unangenehm. Es war kein schlimmer Name, und ich habe mir die genderneutrale Kurzform erkämpft und war stolz darauf. Trotzdem, vorbei. Wenn jemand in der Stadt so gerufen wird, reagiere ich nicht. Ich kann andere Menschen mit diesem Namen ansprechen ohne etwas Persönliches dabei zu empfinden. Das Band zu diesem Namen ist komplett gerissen. Die Frage, wie ich früher hieß, ist mir unangenehm. Ebenso unangenehm wie damals, wenn man mich fragte "wofür steht diese Kurzform". Es hat alles seine Zeit. Und jetzt ist endlich Sascha Felix dran ;-)

2heartedman 22.11.2015, 09.18

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