Als schwuler Mann wahrgenommen zu werden - das finde ich schön. Aber manchmal verunsichert es mich. Denn nicht jeder ist freundlich, manchmal könnte es auch gefährlich werden ...

Mein Kumpel und ich machen die Streetwork in der schwulen Szene. Heißt, wir treiben uns bevorzugt an Orten herum, wo man vor allem schwulen Männern begegnet. Und wir werden sehr oft als Paar wahrgenommen, wenn wir gemeinsam unterwegs sind. Nun ja, "Bromance" nennt man so eine innige Männerfreundschaft auf Neudeutsch, und man sieht uns an, dass wir einander mehr als nur mögen (da ist nichts Sexuelles, aber "Freundschaft" finde ich für mich trotzdem unzureichend). 

Schon oft wünschte man uns, wenn wir in die Sauna oder ins Kino gingen, viel Spaß. Und grinste uns vielsagend an. Die wussten ja nicht, dass wir dort arbeiten: Flyer verteilen, Poster vorbeibringen, Kondome an die Gäste ausgeben usw. 

Kürzlich gingen wir nachts im Dunkeln die Straße entlang, auf dem Weg zur Sauna. Hinter uns lief jemand. Rief uns von Weitem zu "ey, geht Ihr zwei jetzt da vorne in diese Schwulensauna" ... in einem Tonfall, den ich nicht einordnen konnte. Der Typ war sichtlich angetrunken, hatte einen kahlgeschorenen Kopf und seine Frage klang ... ja, wie gesagt, eine Ahnung. Provokant? Neugierig? 

Mein Kumpel ist immer entspannt, er hatte keine Angst. Mir wurde aber offen gesagt schon anders in dem Moment. Wollte der uns verkloppen? Hatte der etwas gegen Schwule? Wir wären in dem Moment alleine gewesen, ein alter kranker Mann und ein junger Hänfling, der sich noch nie im Leben geprügelt hat. Keine Chance! 

War dann völlig harmlos. Er wollte nichts Böses, ging einfach weiter. Vielleicht war er ja selbst schwul und fand uns nett. Ist ja nicht ausgeschlossen. Trotzdem war das ein seltsamer Moment. 

Ich freue mich, als schwul wahrgenommen zu werden, und es tut mir gut endlich auch von diesen Männern anerkennt und angesehen und sogar angemacht zu werden, das ist einfach schön. Trotzdem ist da immer noch die Angst vor der Reaktion anderer. Nicht jeder meint es gut. Ich selbst habe noch keine Nachteile erlebt, wurde noch nicht angegangen, beschimpft, verprügelt. Aber ich gebe ganz offen zu: ich habe Angst vor dem Moment, in dem es passiert. 

Egal. Ich will nicht in Angst leben. Ich freue mich, dass ich endlich frei sein darf. Und hoffe, dass ich auch weiterhin vor blöden Sprüchen, gefährlich gesinnten Zeitgenossen und körperlichen Übergriffen verschont bleibe ...