Inzwischen kriege ich auch Briefe an meinen männlichen Namen. DANKEDANKEDANKE meinen Freunden, die das bereits durchziehen. Ich strahle wie ein Honigkuchenpferd, wenn ich den Briefkasten öffne!

Dem Briefträger ist das schnuppe. Steht ja nur der Nachname auf dem Briefkasten. Könnte mein Kanari sein, meine Katze oder mein neues Baby. 

Blöd wird es allerdings, wenn mir jemand etwas schickt, das nicht in den Briefkasten passt. Der ist nämlich arg schmal. Dann geht das zur Post, und dort darf ich es abholen. 

1) ich diskutiere, stresse rum, streite, oute mich gefrustet, krieg es trotzdem nicht, könnte ja jeder kommen. Sascha Nachname existiert nicht, also kriegt er auch keine Post. Und alle, die in der Schlange hinter mir stehen, kriegen mit, dass ich ein Kerl bin, der wie ´ne Frau aussieht. Mööööp, scheiße gelaufen!

2) ich schreibe mir selbst eine Fake-Vollmacht und krieg alles ausgehändigt. Bescheuert!

Zwei ist unkompliziert, mir aber echt zu blöd. Das ist sinnvoll, wenn jemand stealth leben will (ungeoutet). Aber da ich mehrfach pro Woche zur Post muss und nicht umziehen werde, kriegen die Mitarbeiter meine Verwandlung nächstes Jahr sowieso mit. Ist mir egal, die Leute wissen nur, dass es uns gibt, wenn sie uns sehen. Also sollen sie mich sehen, stört mich nicht. 

Also bin ich heute zur Post. Eine der Mitarbeiterinnen kennt mich seit drei Jahren. Wenn ich die Tür aufmache und zum Schalter gehe, ruft sie schon strahlend meinen Namen, sagt "ich hab was für sie" und flitzt los, um mir meine Pakete aus dem Lager zu holen. Ausweis leg ich nicht vor, und sogar die Post für meinen Mann kriege ich ausgehändigt. Ja, es ist eine Großstadt, aber als Stammkunde und wenn man auch mal nett einen Plausch hält und die Leute anlächelt, ist sowas eben möglich ;-)

Ich habe ihr meine Situation geschildert. Auch, dass ich noch keinen Ausweis auf den neuen Namen habe. Dass ich aber trotzdem Sascha bin. Sie sah mich freundlich an, nickte, meinte das sei kein Problem. Aber ein Problem gäbe es doch ... omg, Panik, Schweißhände! ... aber sie meinte dann nur, dass sie Ende der Woche das letzte Mal in dieser Filiale arbeite. Und holte dann ihre Nachfolgerin zum Gespräch dazu. Kein Thema, die kennt mich auch und ich sie, da war das geklärt. 

Und, praktisch: die ältere Mitarbeiterin wechselt in die andere Filiale, wo ich auch manchmal Sachen abholen muss (ich wohne zwischen zwei Filialen. Einschreiben gehen an die eine, Pakete an die andere). Ich spare mir also das zweite Outing, yeah! 

Die beiden waren total nett und sehr offen. Haben mir ein, zwei freundliche Fragen gestellt, die nicht zu indiskret waren und mir zeigten, dass sie mich respektieren. Eine von ihnen meinte, dass sie sich schon freue, wenn sie das mit mir miterlebt, wie ich mich schrittweise ändere :-)

Diese neue Mitarbeiterin ist die meiste Zeit in der Filiale, aber sie wird die anderen Kollegen informieren, damit sie Bescheid wissen. Danke :-) Ich habe einen Zettel mit meinem alten und neuen Namen geschrieben (inclusive Ruf- und Spitzname, denn schon jetzt, habe ich Probleme: Rufname ist die Abkürzung meines zweiten Vornamens. Es gibt Mitarbeiter, die damit ein Problem haben).

Wir haben noch etwas gescherzt, zB warum viele der Transfrauen so toll aussähen mit ihren schlanken Beinen, tollen Körpern, schicken Klamotten. Und wie sie es schaffen, auf dem CSD so lange in diesen enormen Schuhen zu laufen. Konnte ich ganz einfach erklären: weil sie sich bewusst mit ihrem Körper befassen, daran arbeiten und ihn nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als Geschenk sehen. So, wie ich ja jetzt auch 20 kg abgenommen habe und bald Krafttraining mache. Ich hab den beiden lachend prophezeit, dass ich ein richtig heißer Typ sein werde ;-) 

Super, wieder ein Problem gelöst. Wird nämlich sonst ganz schön bescheuert, wenn ich meine eigene Post nicht abholen darf. 

Manchmal könnt ich mich ohrfeigen, wie offen ich bin und dass ich zu schnell auf Leute zugehe mit viel zu privaten Infos. Aber in solchen Momenten bin ich ganz froh über meine lockere Art, die erleichtert mir so manches ...