two hearted man
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Ausgewählter Beitrag

Menwatching

Früher habe ich Männer und Frauen mit anderen Augen betrachtet als heute.

Bei Frauen war dieses Gefühl von eigenem Versagen. Frust darüber, dass ich das nie schaffen werde. Und auch Ärger darüber, wiesehr sie das verkörpern, was ich könnte wenn ich mich (vermeintlich) nur nicht so anstellen würde und wenn ich es mal versuchen und mich nicht immer so dagegen wehren würde. Bei Männern war immer diese Sehnsucht. Der Wunsch, mich ebenso zu kleiden, mich ebenso zu geben. Die Trauer darüber, dass es nicht so ist und wohl nie so sein wird. 

Inzwischen hat sich das deutlich gewandelt. Bei den Frauen oft nur noch Unverständnis. Und bei Männern eine Befreiung und ein Abscannen auf positive Weise. 

Letzte Woche im Café fiel mir das ganz besonders auf. Da saßen in der Mittagspause eine Menge Leute an den Tischen, die ich gedanklich abscannte. 

Zwei Männer, legerer Look mit Jeans und Shirt. Einer davon extrem kräftig. Sehr viele Muskeln, aber auch ordentlich Speck drüber. Man sieht, der Typ trainiert. Oder hat einen körperlich sehr fordernden Job. Ordentlich Muckis. Habe überlegt, wie er wohl trainiert, welche Übungen er macht, ob er hart dafür arbeitet oder einer von denen ist, die automatisch kräftig sind durch Arbeit und Alltag. Und da er nicht sonderlich groß war, überlegte ich, wie diese Muckis an mir aussehen würden. Nein, nicht mein Ding, merkte ich, muss nicht sein, käme mir komisch vor, wenn ich so ein Kasten wäre. Aber tat irgendwie gut zu sehen, und ich bewunderte ihn für seine Muskeln und war glücklich, endlich für mich anzukommen und zu wissen, wonach ich strebe.

Hier ein Typ, der scheint wohl recht gut meinem derzeitigen Style zu entsprechen: kein übermäßiges Businness, aber auch kein Schlumpi. Neutrale Jeans, dazu ein bequemes Hemd. Wirkt, als würde er in seiner Freizeit so rumlaufen, aber auch im Büro. Vermutlich kein hoher Bürojob, kein Banker, kein White Collar. Vielleicht was Soziales, oder irgendein Großraumbüro ohne Dresscode, oder ein Arzt, Busfahrer, whatever. Der trägt die Klamotten, weil er sich damit wohlfühlt, und weil es praktisch ist, überall passend. Nicht overdressed, nicht underdressed, genau richtig für den Alltag. Den kann ich mir in Joggingshosen daheim genauso gut vorstellen wie in einem schicken Anzug abends bei ´ner Gala. 

Am Tisch weiter vorne drei Business-Männer. Der eine in Jeans und Hemd. Sieht schick aus, aber verglichen mit den beiden Stoffhosen neben ihm wirkt er underdressed. Man merkt, er trägt das Jacket nur, weil es halt im Job so üblich ist, auch seine Körperhaltung passt nicht, da fehlt die Spannung, der Esprit. Mit seinem Körperbau bräuchte er auch was, das besser kaschiert bzw entsprechend fällt, mit so einem schlichten Jacket wirkt es irgendwie etwas sackartig hängend. Der andere Typ dagegen wirkt stilsicher, wenn auch wenig auffällig. Stoffhose, Hemd, Krawatte, passende Bewegungen, passender Ausdruck, aber auch hier irgendwie halt Kleidung, weil er so muss. 

Der dritte, wow, das gefiel mir. Das war Ton in Ton alles stimmig, farblich wie stilistisch, alles perfekt abgestimmt und zugleich dadurch der Eindruck von absoluter Lässigkeit. Schlicht, elegant, bequem, einfach klasse. Schuhe, Socken, Gürtel, Hose, Hemd, Krawatte, Jacke, Brille, Uhr, dazu der passende Stockschirm. Alles dezent und gedeckt, die Labels unauffällig platziert aber bei genauem Hinsehen sichtbar (teures Zeug, holla). Bei ihm wirkte das so natürlich, als wenn er in dem Zeug schläft, isst, trinkt, aufsteht, Geburtstagsparties feiert, in der Freizeit damit ins Kino geht, einfach als wenn es mit ihm verwachsen wäre. Die anderen Männer konnte ich mir in normalem Freizeitlook vorstellen, ihn nicht, es wirkte wie seine Freizeit. Es passte alles so gut zu ihm, dass ich kaum den Blick abwenden konnte. Körperhaltung, Ausstrahlung, Blick, Bewegungen, alles exakt platziert. 

Ob ich das jemals schaffen werde, habe ich keine Ahnung. Ob ich das will, weiß ich noch nicht, dazu muss ich noch an meinem Stil feilen. Aber so langsam kriege ich den Dreh raus. Weiß, welche Farben zusammenpassen, wann ich die Uhr nehme, wann sie too much ist für den Look, ob ich besser die runden oder spitzen Schuhe trage und ob ich dieses Hemd mit dieser Hose kombinieren kann und welcher Schal dazu passend ist. Hätte nicht gedacht, dass mit ein paar wenigen Kleidungsstücken (Hose schwarz, blau, marine; Schuhe grau, schwarz, bordeaux) und ein paar so neutralen Hemden (zwei drei in schwarz, eines dunkelblau, eines hellgrau, eines rot, ein paar anthrazit) so viele Kombis möglich sind (und so viele Kombis vermieden werden sollten). 

Nein, da ist kein Neid mehr. Nur noch Dankbarkeit. Und eine tiefe innere Befriedigung, wenn ich so langsam ein geschultes Auge dafür kriege, was man als Mann trägt und was nicht. Früher hätte ich gesagt "der Typ sieht gut aus", hätte es aber nicht benennen können. Heute kann ich das wirklich an einzelnen Punkten festmachen, das ist ein tolles Gefühl! :-)

Schatz sagt manchmal, dass Männer auf sowas kaum achten. Dass ich mir Stilbruch erlauben darf, da eben genau dieser Stilbruch typisch männlich sei, weil die wenigsten einen Blick für sowas hätten (zB die blaue Schirmmütze zu schwarzer Hose und schwarzer Jacke). Ja, draußen auf der Straße sehe ich, dass Männer ´ne Menge Stilbrüche begehen, puuuh! Aber ich muss ja keiner von denen sein. Ich wünsche mir, dass ich eines Tages so aussehe wie dieser Typ, der nicht herausgeputzt wirkte sondern trotz der schicken Sachen so lässig, so selbstverständlich. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, aber ich finde es total spannend, im Web zu lesen über Herrenmode, Stilarten, Schuh-Modelle, Knotentechniken und und und ;-)

2heartedman 27.11.2016, 11.00

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