two hearted man
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Ausgewählter Beitrag

Lebenslänglich

Meine Hormone sind stabil, mit Operationen bin ich durch, meine Papiere sind geändert. Meine Familie weiß Bescheid, ich habe eine stabile Beziehung. Tschakka, FERTIG! :-)

Wer stealth (ungeoutet) als trans*Person lebt, muss sich selten damit auseinandersetzen. Dennoch wird es immer ein Thema bleiben: ein plötzlicher Unfall und darauffolgender Krankenhausaufenthalt. Altersheim und Angewiesensein auf Fachpersonal. Ein Arztwechsel. Eine neue Beziehung. Ein One-Night-Stand.

Wer bi- oder homosexuell ist, der muss sich ständig outen, ob er*sie will oder nicht. Vorstellung beim neuen Vermieter als gleichgeschlechtliches Paar, Einladung zur Betriebsfeier in Begleitung des Ehegatten, das gemeinsame Foto auf dem Schreibtisch im Büro, die Frage "was hast Du am Wochenende gemacht", das Händchenhalten in der Öffentlichkeit, die Angabe zum Partner in Formularen und viele Situationen mehr. 

Wenn ich sage "mein Ex", geht beim Gegenüber sofort die Augenbraue nach oben, und tatsächlich werde ich oft gefragt "Dein Ex? Nicht DeinE Ex? Etwa ein Mann?" Ein Buchstabe. Ein einzelner, beschissener, harmloser Buchstabe. Es ist nur ein verdammter Buchstabe, und manchmal habe ich ihn schon halb verschluckt, oder es schnell umgewandelt in ein genderneutrales "Ex-Schatz" oder "meine Ex-Beziehung". Weil ich keine Lust hatte auf Diskussionen, die in dieser Situation unpassend gewesen wären. Aber es fühlte sich an wie Verrat an meinem Partner, den ich dadurch seiner Identität beraubt habe. Und es fühlte sich an wie Verrat an mir selbst, der ich mich dadurch verleugnet habe. Wegen eines kleinen Buchstabens, der so einen Unterschied macht, wie das Gespräch in den folgenden Minuten verlaufen wird. Es fühlt sich generell falsch an, dass ich überlegen muss, wie ich etwas so Alltägliches formuliere, um Ärger, Diskussionen, übergriffige Fragen und andere unangenehme Dinge zu vermeiden.

Irgendwie ist es traurig, dass manche Menschen ihr Leben nicht in Ruhe und ohne ständige Bewertung von außen leben dürfen. Noch ist es so, dass Homosexualität und Trans*Identität Themen sind, die immer wieder unschönen Situationen führen können. 

Egal, wie sicher man sich fühlt, egal wie sehr man in sich selbst ruht, egal wie locker man damit umgeht - es kann immer passieren, dass ein Vermieter die Wohnung verweigert, ein Arzt sich übergriffig neugierig auf den trans*identen Körper zeigt, der neue Chef sich als homophob herausstellt.

In den normalen Medien wird es selten benannt, außer es ist ein sehr heftiger Fall, der mediale Aufmerksamkeit erregt. Aber wer sich aufmerksam informiert, der entdeckt täglich unzählige Beiträge, in denen auch hier in Deutschland Menschen aufgrund ihrer Homosexualität oder geschlechtlichen Identität nicht nur Nachteile erleben oder diskriminiert werden, sondern sogar körperliche Gewalt erleben. 

Wer behauptet "Homosexualität / Trans* ist heute nichts Schlimmes" und von wegen Diskriminierung, die wollen nur Aufmerksamkeit", der verschließt die Augen vor dem, was wirklich in unserer Gesellschaft passiert. Ein lesbisches Paar wird in der U-Bahn verprügelt. Ein homosexueller Jugendlicher wird auf offener Straße krankenhausreif geschlagen. Ein Gastwirt beleidigt seine trans*idente Kundschaft und greift sie an. Die Liste ist sehr, sehr lang, und die Vorfälle sind unfassbar. 

Ich gehe offen mit meiner Trans*Identität um. Meine Pan- / Bis-Sexualität versuche ich im Alltag nicht zu thematisieren. Und ich bin ehrlich: immer schwingt da eine gewisse Angst mit, dass ich eines Tages der falschen Person gegenüber offen bin, oder dass von der falschen Person als Trans* / pansexuell erkannt werde ... und dann Konsequenzen erleide, die ich mir nicht ausmalen möchte ... 

2heartedman 29.11.2019, 15.39

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