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Jonglieren im Kopf

Inzwischen merke ich, wie auch in mir Veränderungen geschehen. Dinge, die ich nicht kontrolliert steuern kann, die eher ein Resultat daraus sind, wie ich schrittweise mehr erfahre, dazulerne und anfange umzudenken.


Ich bin zum Beispiel niemandem böse, der mich versehentlich beim weiblichen Namen nennt oder mich als Frau betitelt. Denn mir selbst ging es ja nicht anders. Wenn ich zu Beginn einen Transmann kennenlernte, betitelte ich ihn als "sie", nicht aus Respektlosigkeit oder mangelnder Toleranz oder Unwissen, sondern weil mein Hirn zu dieser Akrobatik nicht fähig war, einen Menschen mit Brüsten und hoher Stimme als "er" zu titulieren. Teilweise genügt allein das Wissen, dass er als vermeintliche Frau geboren war, dass ich im Kopf sofort das "sie" parat hatte. 

Inzwischen habe ich viel mit dem Thema zu tun, kenne mehrere Transmänner persönlich, empfinde es als völlig normal, und der Knoten im Kopf ist geplatzt.

Das geht teilweise sogar so weit, dass ich kürzlich eine sehr männliche Frau kennenlernte, die sich als Lesbe tituliert. Und das heißt, sie ist eine Frau. Doch aufgrund ihres maskulinen Auftretens hätte ich sie trotz Brüsten und Stimme mehrfach versehentlich mit männlichem Pronomen angesprochen, weil ich das inzwischen so gewohnt bin (zum Glück nur im Kopf, ich habe sehr vorsichtig nur meine Sätze formuliert, damit ich sie nicht versehentlich als Mann anspreche).

Ganz ehrlich: Respekt ist wichtig. Aber die sollten nicht nur "normale" Leute denen entgegenbringen, die außerhalb der Norm stehen, sondern auch umgekehrt. Weil manche Dinge einfach Knoten im Hirn auslösen, die mancher nicht fähig ist sofort aufzudröseln. Wie Jonglieren, das muss man auch erst mal lernen. Und wenn man dann mit 3 Bällen jonglieren kann, heißt das noch lange nicht, dass man das auch mit 5 Bällen oder Keulen oder Ringen beherrscht. 

Mir ist wichtig, dass der Gegenüber mich so annimmt, wie ich bin. Ich freue mir ein Loch in den Bauch, wenn man mich mit männlichem Namen anspricht. Komme aber damit klar, wenn manche sich seitdem um die Anrede und die Pronomen drücken oder mich trotzdem versehentlich weiblich benennen. 

Sauer würde ich nur, wenn ich merke, dass Leute sich lernresistent zeigen oder es absichtlich falsch machen. Zum Glück ist mir das bisher noch nicht passiert. Aber bisher lebe ich ja nur teilweise geoutet. Mal sehen, was die Zeit bringt. 

Abgesehen davon, dass es mir nicht mehr schwerfällt, Geschlecht allein an der persönlichen Definition des Gegenüber zu definieren, gibt es noch andere Punkte. So habe ich kein Problem mehr damit mir vorzustellen, dass ein Mann schwanger ist. Oder dass Brust und Bart vereinbar sind. Und wo es mir früher wichtig war zu wissen, ob jemand Frau oder Mann ist, ist mir das inzwischen völlig egal, schließlich ändert sich daran ja nichts an der Person oder meinem Empfinden ihmihr gegenüber. Die Geschlechtergrenzen werden für mich immer fließender, und es fühlt sich toll an. Weil ich dadurch auf eine Weise auf Menschen zugehen kann, die mir davor verschlossen blieb. 

Wichtig ist mir: das hier zu notieren. Damit ich mich, wenn ich irgendwann perfekt zwischen den Geschlechtern anderer Personen jongliere, daran erinnere, dass es auch mir anfangs schwerfiel und ich das erst schrittweise lernen musste. Damit ich nicht eines Tages überheblich oder unfair werde und von anderen Menschen Dinge verlange, die zu erbringen ich bis vor kurzem selbst nicht in der Lage war.

2heartedman 14.02.2015, 15.20

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