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Gutachtergespräch Nummer Zwei - Männlichkeit

Beim zweiten Gutachtergespräch fragte der Doc mich nach dem Passing. Nein, das ist momentan noch nicht so gut. Obwohl ich eigentlich vom Gesicht her eher männlich wirke (wenn auch ohne Bart). Obwohl ich männliche Kleidung trage. Obwohl mir eigentlich oft gesagt wird, dass ich männlich rede und mich bewege. Woran es liegt, dass man mich (auch ohne Stimme) häufig als weiblich ansieht, weiß ich nicht. Er fragte mich, was ich dagegen tun kann / möchte.


Naja, äh ... ich hatte ihm bereits erzählt, dass ich Kraftsport mache meiner Figur wegen. Er sah mich in männlichen Klamotten (ordentlich Jeans, Herrenhemd) vor sich sitzen. Ich trug einen knallengen Binder. Meine Haare haben militärisch kurzen Schnitt. Äääääähm, was soll ich NOCH tun? Für meine Stimme kann ich nichts, da muss ich Geduld haben. Und haarig bin ich schon ordentlich (war kurzärmlig dort).

Er meinte, ob ich Logopädie machen will. Nö, als Musiker (mehrere Blasinstrumente) kann ich gut mit Kopf- und Bauchstimme agieren, kenne Atemtechniken und Möglichkeiten, weiß auch wie man Stimme schont und pflegt (zB nicht räuspern, auch wenn es im Stimmbruch verlockend ist). Ich will erst einmal abwarten, was Testo daraus macht. 

Er macht so eine entsprechende Geste, Richtung "ja, und NOCH? Und NOCH? und WEITER? Und WAS NOCH?" Kam mir fast schon bedrängt vor, weil ich das Gefühl hatte, er wollte etwas Bestimmtes hören, das mir partout nicht einfiel, und ich dachte schon "boah, shit, wenn ich das jetzt weglasse, dann hält er mich nicht für trans* genug". Mir war klar, dass das nicht der Fall sein würde, trotzdem wurde mir kurz etwas mulmig. Was braucht ein Mann denn noch alles? Muss ich Schrauben kauen, Rasierklingen unter den Achseln tragen, Honig aus dem Bienenstock lutschen und Chuck Norris im Ringkampf besiegen?!?

Echt jetzt! Ich will doch nicht rumlaufen wie ein Megamacho, ein UltraMan, ein KerlKerlKerl. Ich glaube rückblickend, er meinte die OPs. Denn er fragte kurz darauf konkret, ob ich irgendwelche Operationen machen lassen will. Die habe ich nicht erwähnt, weil das für mich selbstverständlich dazugehörte, wenn auch nicht das komplette Paket. 

Aber trotzdem beschäftigt mich diese Szene seitdem. Weil ich mich natürlich auch frage, wie ich mein Mannsein deutlicher machen kann. Aber als ich später kurz mein Vorbild erwähnte, machte es dann klick: Ich denke, es liegt daran, dass die Art Mann, welche ich gerne sein möchte, sich eben nicht durch diese Männlichkeitsgebaren definiert. Natürlich möchte ich männlich aussehen, mich männlich kleiden. Aber ansonsten ist der Typ Mann, den ich anstrebe, zwar - für mein Empfinden - durch und durch männlich, hat aber einige weiblichen Eigenheiten. Sodass es eben sein kann, dass ich vielleicht aktuell noch nicht ganz so männlich wirke, einfach weil ich es nicht darauf anlege und die mir wichtigen Qualitäten eines Mannes einfach anderer Natur sind als Optik und Gebaren. 

Ach ja - Wann ist ein Mann ein Mann. Ist mir echt egal. ICH bin ein Mann. Weil ich mich so fühle. Das reicht. 

Und zum Thema Vorbild mache ich gleich einen weiteren Beitrag. Denn meines scheint wohl eher ungewöhnlich zu sein in Trans*Mann-Kreisen ;-)

****************

An alle: was genau bedeutet es denn jetzt, Mann / Frau zu sein? Was erwartest Du von einem Mann / einer Frau? Kann man das wirklich an etwas festmachen, wenn man die Geschlechtsteile und den Körper mal außen vor lässt? Was zeichnet ein bestimmtes Geschlecht aus, was dem anderen nicht zueigen ist? Woran macht man das fest? Was ist so individuell, dass es nicht auch für das andere Geschlecht gelten kann?

Woran erkennst Du an Dir, dass Du ein Mann / eine Frau bist, und wie trägst Du das nach außen in die Gesellschaft?

2heartedman 07.06.2016, 18.48

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von Tinka

Ich habe ein bisschen über deine Fragen nachgedacht und bin nun zu folgender Antwort gekommen:
Woran erkenne ich, dass ich eine Frau bin? Man mir als Kind gesagt hat, dass ich ein Mädchen bin und ich hatte nichts dagegen. Inzwischen halten mich die anderen für eine Frau und ich habe immer noch nichts dagegen.

vom 16.06.2016, 16.49
Antwort von 2heartedman:

Eine sehr simple Antwort und in sich absolut schlüssig. Ich wünschte, alle würden das so sehen, würde vieles erleichtern :-)

Mir wurde es früher immer wieder gesagt, und je mehr ich sagte "nö", desto mehr sagte man "doch". Ich hatte sehr viel dagegen. Fazit - war also kein Mädchen :-)
1. von Sonja

Da muss ich passen. Ich weiß nicht, wie ich mich als Frau "fraulich" verhalten soll. Ich verhalte mich in erster Linie menschlich und erwarte das auch von meinem Gegenüber.
Vielleicht können andere das besser beantworten ;-)
LG
Sonja

vom 08.06.2016, 18.44
Antwort von 2heartedman:

Sonja: ich habe bisher noch nie einen Menschen getroffen, der mir diese Frage wirklich beantworten konnte, und diese Frage stelle ich mir von Kind an.

Viele glauben immer, Trans*Identität festmachen zu können an Klischees, aber wenn man genauer nachfragt, erfährt man, dass das gegengeschlechtlich auch möglich ist, und spätestens dann zucken die Leute die Schultern und sagen "keine Ahnung" ... 

ich glaube, könnte man diese Frage beantworten, gäbe es all diese blöden Gutachten und Krankenkassenprobleme und sonstigen Querelen auf dem Weg der Trans*Identität nicht, denn dann könnte man sagen "Du hast / bist xy, deswegen kannst Du ja nur trans / weibl / männli sein" und alles wäre in Butter ... 

trotzdem: ich freue mich auf weitere Kommentare von anderen Lesern. Denn an irgendwas macht es ja jeder für sich irgendwie fest ...