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Ausgewählter Beitrag

Gemeinsamer Brunch

Heute ein schönes Treffen. Ein sehr guter Freund war zu Besuch, mit ihm sein Partner / Freund / Lover / Gefährte / Kumpel / guter Bekannter (wenn man in aufgeschlossenen Sytemen fernab der typischen Schulbaden lebt, ist es manchmal schwer, ein passendes Wort zu finden. Aber ist ja auch völlig unwichtig).




Wir haben zusammen gebruncht mit vielen leckeren pflanzlichen Sachen. Ein opulent gedeckter Tisch, bunt und köstlich. Haben über alles mögliche geredet. Die Themen waren dann doch insgesamt recht ernst heute, aber niemals depri sondern eher nachdenklich, angeregt. 

Er (sein Whatever) meinte, auf ihn wirke ich wie eine starke, selbstbewusste Frau. Und vielleicht sei es auch möglich, die Ziele, welche ich mit der Transition erreichen möchte, auch anders zu erreichen. Nein, er hat nicht dagegengeredet oder mich umzustimmen versucht, aber er hat es in den Raum gestellt als Möglichkeit, als Anregung zum tieferen Nachdenken. Auch stellt sich die eventuelle Frage, was es zu bedeuten hat, dass ich in diesem Körper zur Welt kam. 

Kann ich verstehen, finde ich auch gut, auf diese Weise hinterfragt zu werden. Er kennt mich nicht, weiß auch nicht wo ich stehe, wie ich ticke. Daher finde ich es sympathisch, wenn jemand mir offen seine Meinung sagt und mir nicht um den Bart streicht, wie männlich ich angeblich sei. 

Inzwischen habe ich für mich gelernt, die Meinungen anderer zu hören, sie wirken zu lassen. Aber dennoch MEINEN Weg zu gehen. Denn ich habe schon viele widersprüchliche Meinungen gehört. Spirituelle Menschen, die mir schon lange vor meinem Outing sagten, dass ich durch und durch Mann sei. Andere Spirituelle, die mich als Frau sehen. Und doch zählt am Ende nur, wie ich selbst mich sehe.

Ich wage zu behaupten, dass eine solche Aussage einerseits etwas über mich aussagt (was strahle ich in diesem Moment aus, in welchem sozialen Umfeld befinde ich mich gerade, welche Tätigkeit führe ich gerade aus, wie fühle ich mich gerade, usw), andererseits auch über den Aussagenden (wie definiert er männlich/weiblich, welche Vergleiche hat er aktuell neben mir, wo ist er selbst verortet, usw). 

Heute war ich Gastgeber, Koch, fürsorgend den Tisch gedeckt und die Speisen bereitet, einzig weiblicher Körper zwischen drei sehr maskulinen Männern, an einem sonnigen Tag im Shirt mit hervorgehobenen Brüsten trotz Binder, entspannt und daher weniger cool sondern eher weiblich-harmonisch. 

Würde ich mit Kumpels ein Bier trinken und nen Actionfilm gucken ... sähe sähe man mich und meinen Partner alleine im Umgang miteinander ... würde mich bei alltäglichen Verrichtungen sehen ... wäre ich inmitten einer Frauenrunde und würde als maskulinster Part hervorstechen ... würde man wohl eher den Mann erkennen. 

Mann. Frau. Puzzlestücke. Vorgaben der Gesellschaft. Immer nur ein Teil des Ganzen und eigentlich nur ein eingeschränktes Konstrukt, um sich zurechtzufinden. Um sich zu orientieren. 

Kann ich mein Ziel als Frau in der Gesellschaft erreichen? Lange habe ich es versucht. Lange habe ich mich verstellt. Lange habe ich alles getan, um dies zu ermöglichen, erst als Frau, und dann als "ich" im Sinne von "egal, was die Leute sehen, im Inneren bin ich ein Mann, und solange ich mich selbst akzeptiere, ist es gut". Etwa sechs Jahre habe ich versucht, über den Geschlechtern zu stehen und meinen Weg als körperliche Frau zu gehen. Es ging nicht. Im Gegenteil: je mehr ich versuchte, meinen eigenen Weg zu gehen und mich den Geschlechtern zu entziehen, desto mehr zog es mich auf die Männerseite. 

Nein, mein Ziel kann ich in diesem Körper nicht erreichen. Was ist mein Ziel? Puh, schwer. Nicht immer ist ein Ziel in Worte zu fassen. Eben habe ich einiges versucht zu tippen und wieder gelöscht. Weil es nur begrenzt in Worte fasst, was ich empfinde. Ein Ziel kann ein Gefühl sein. Ein tief verankertes Wissen. 

Woran ich festmache, dass ich ein Mann bin? Ob es nicht auch eine Möglichkeit gibt, ohne Transition meinen Weg zu gehen? Und warum ich mir sicher bin, dass ich nicht als Frau leben möchte? 

Die Antwort: WEIL! 
So einfach ist das ;-)
Oder, anders gesagt: die Antwort ist in mir. Ich kann es niemandem erklären. Aber das muss ich auch nicht. Solange nur ich für mich weiß, dass dies der Weg ist!

Mein Entwicklungsschritt war, mich von dem zu lösen, was andere für sinnvoll halten. Und meine eigene Entscheidung zu treffen. Und die lautet: ich BIN ein Mann, und ich werde mich nicht verstecken!


*********

Und, ich stelle mal in den Raum: wenn man einen normalen Mann, eine normale Frau, fragt, woran er / sie festmacht, ebenjenes zu sein. Und ob es nicht möglich wäre, seine Lebensziele nicht auch im anderen Geschlecht zu verwirklichen - ich wage zu behaupten, dass auch diese Personen es nicht definieren könnten, woran sie ihre Antwort festmachen (wenn wir den Körper als Argument außen vor lassen). 

Aber, das ist prinzipiell ein äußerst komplexes Thema. Das hier nur angerissen wurde und das wohl auch niemals abgeschlossen sein wird. Die Dualität ist der Natur eigen. Wobei, ist es wirklich eine Dualität? Ist es immer nur schwarz weiß? Nicht sehr viel mehr? Nein, das will ich hier gar nicht diskutieren. 

Ich möchte es nur so stehenlassen: Ich habe meinen Weg gefunden. So lange habe ich diskutiert, überlegt, den Kopf walten lassen, auf andere gehört, mich verbogen, immer wieder gefragt und gedacht statt zu handeln. Es ist vorbei. Ich habe mich entschieden. Und JETZT geht es mir gut. Jetzt fange ich an zu handeln. Und fühle mich frei. Die Raupe wird bald schlüpfen ... keine Ahnung, ob ich ein prächtiger Falter oder eine graue Motte werde. Aber ich werde fliegen!

2heartedman 19.04.2015, 19.02

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Franka

Hallo Sascha,

"Mann. Frau. Puzzlestücke. Vorgaben der Gesellschaft. Immer nur ein Teil des Ganzen und eigentlich nur ein eingeschränktes Konstrukt, um sich zurechtzufinden. Um sich zu orientieren. " - Absolute Zustimmung! Es gibt vielleicht 10% "typische" Männer und Frauen - beim Rest besteht vielleicht äußerlich kein Zweifel an der Zuordnung, aber charaktermäßig ist es ein einziger Mischmasch. Bei den Frauen nennt sich das dann je nach Ausprägung "Rockerbraut" oder "Mannweib", bei den Männern "Weichei" oder "Frauenversteher" :D

Wir (Du, ich und einige andere) sind angetreten, all diese Grenzen einzureißen, den Menschen bewusst zu machen, dass es auch ohne strenge Schubladen geht - Hauptsache ist, wir fühlen uns wohl als das, was wir sind, und bringen die Menschen um uns herum dazu, genau dies zu akzeptieren!


vom 26.04.2015, 21.14
Antwort von 2heartedman:

Oh ja, und ich war immer die Rockerbraut (klar: hatte ein Zweirad, trug Lederklamotten und war in Schwarz gewandet). Manchmal auch die "Amazone", weil ich so lange keinen Freund hatte (die Jungs konnten mit mir nichts anfangen). 

Ja, so sehe ich es auch oft. Wir reißen die Mauern in den Köpfen ein, lehren die Menschen, dass es nicht nur 1 und 2 gibt. Ich wäre gerne eine Primzahl, z.b. die 11 oder 13 :-)