two hearted man
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Fortbildung

Im Job gab es letzte Woche eine Fortbildung.

Der erste Teil war theoretisch, der war vor meiner Zeit. Den praktischen Teil habe ich nun miterlebt. Es ging um das Thema waffenlose Selbstverteidigung. Und wieder einmal kreisten die Gedanken vorab um tausend Dinge: 

Es sollte der praktische Teil werden, also vermutlich viele Übungen. Also am besten keine unbequemen Klamotten, sondern ein lässiges Shirt. Mist, im Shirt sieht man ggf den Binder. Also muss es ein schwarzes Shirt sein, aber da habe ich kaum eines, das für diesen Anlass taugt. Im Alltag lässt sich die Oberweite in Shirts kaschieren, aber bei Sport sieht man es leider immer. Nach endlosem Anprobieren, Bewegen, Aus- und Umziehen endlich ein Shirt gefunden. 

Dann meine Sorge, dass ich Körperkontakt hasse. Ich mag es nicht, wenn andere Menschen mich berühren. Ich finde es bescheuert, dass ich mich jedes mal dafür rechtfertigen muss und dass die Leute das nicht einfach respektieren (es ist MEIN Körper, und wer den anfasst, das bestimme alleine ich. Ich mag kein Ringelpiez mit Anfassen, ob es sich nun um teambildende Maßnahmen, höfliches Umarmen oder Kreis mit Händchenhalten handelt, ich - mag - das - nicht!!!). Aber gut, abwarten, vielleicht gäbe es ja Möglichkeiten, das zu umgehen. 

Tja, da waren wir. An die zehn Leute, außer mir nur Frauen. Der Kursleiter haute einen sexistischen Spruch nach dem anderen raus, angefangen von "nein, das ist jetzt nicht sexistisch gemeint, aber usw" hin zu "ach, toll, so mag ich es, als einziger Mann im Kreis nur von Frauen". 

Abgesehen davon, dass mir das verdammt wehgetan hat, konnte er natürlich nichts dafür, dass er mich nicht richtig gelesen hat. Habe ihn auch nicht korrigiert, hatte keine Lust mich zu erklären, das ging ihn nichts an, soll er mich halten für was immer er mag.

Trotzdem fand ich diese Sprüche lästig, und in letzter Zeit bekomme ich so etwas intensiver mit als früher. Habe manchmal das Gefühl, dass verbale / körperliche Formen von Übergriffigkeit mir jetzt als Mann deutlich stärker auffallen als früher, einfach weil ich langsam einen geschärften Blick dafür bekomme. Und es ist manchmal wirklich erschreckend, wie normal andere das scheinbar finden, obwohl es wirklich übergriffig ist! 

Dann ging es an den praktischen Teil. Erste Übung, sich gegenseitig anschreien. Ich machte nicht mit. Momentan hat meine Stimme den Status "unkontrollierbar". Bei normalem Reden geht es einigermaßen, klingt nur heißer. Aber sobald ich überrascht bin, schneller rede, lauter werde, überschlägt sich alles. Nachvollziehbar, dass ich nicht schreien wollte. Ich mach mich doch nicht zur Witzfigur!

Der Kursleiter fragte, was los ist, ich meinte nur, dass ich nicht mitmachen möchte. Sein Blick sprach Bände. 

Dann ging es weiter, wie zu erwarten Paarübungen mit Anfassen. Auch da nahm ich mich zurück. Seine Reaktion: "Warum sind Sie hier, wenn Sie nicht mitmachen wollen?" Hätte er gefragt, warum ich nicht mitmache, hätte ich freundlich geantwortet. Aber die Fragestellung empfand ich als provokant, und auf sowas reagiere ich ganz sicher nicht, ich lächelte nur freundlich. Er trat nach und meinte "und dann antworten Sie mir nicht einmal". Ne, danke, jetzt erst recht nicht! *grummel*

Wie gesagt, ich hasse es, von fremden Menschen (i.e. jeder außer Partner und enge Freunde) berührt zu werden. Außerdem gingen diese Übungen zwar nicht mit Kraft aber mit spontanen Bewegungen und Reaktionen einher. In letzter Zeit passieren mir oft Missgeschicke, bei denen ich einen Gegenstand kaputtmache oder meinem Schatz Schmerzen zufüge, einfach weil ich meine Kraft nicht einschätzen kann und zu heftig agiere. Es wäre sehr unschön, wenn ich "nur" meine Hand zurückziehe und der Sparringspartnerin dabei eine verpasse. Oder wenn ich sie nicht wegdrücke sondern versehentlich sosehr schubse, dass sie nach hinten stolpert und stürzt (und ja, das kann passieren, habe auch schon meinen Schatz zu Fall gebracht, als wir uns zum Spaß beim Spazieren schubsten). Aber auch das ging den Typen nichts an, also schwieg und lächelte ich weiter.

Also, alles in allem mal wieder sehr frustrierend. Viel gelernt. Aber das Verhalten des Kursleiters war unangenehm. Mir wurde zudem mehrfach aufgezeigt, dass mein Passing ohne zuvor als Mann vorgestellt zu werden einfach miserabel ist. Und die Übungen zeigten mir, dass mein Körper momentan einfach noch viel zu unkontrolliert ist und ich noch viel Arbeit vor mir habe *seufz* ... 

Geht alles vorbei. Eines Tages werde ich anziehen worauf ich Lust habe, als Mann angesehen werden, bei sexistischen Sprüche selbstbewusst Konter geben und Herr über meine Stimme und meine Kraft sein!

(Ja, das ist alles eine Kopfsache. Es passiert nichts, wenn meine Stimme sich überschlägt. Und es passiert nichts, wenn die Kollegin sagt "es ist okay" und mir nicht böse ist, weil ich etwas zu fest zugegriffen habe. Trotzdem kreisen die Gedanken, und es ist weniger das, wie andere reagieren, sondern vielmehr die Tatsache, wiesehr einem immer wieder die eigene aktuelle Unzulänglichkeit bewusst wird. DAS ist es, was wehtut. Wenn das nicht wäre, wäre der Alltag viel leichter. Aber hätte könnte wäre würde sollte. Es ist eben so)

2heartedman 24.09.2016, 18.34

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