two hearted man
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Endlich präsent und wahrgenommen

Langsam fühle ich mich als Mann angekommen.

Mein Weg ist noch nicht zu Ende. Da stehen noch zwei Operationen an, es läuft der Antrag auf Hilfsmittel. Manche Dinge wie Schwimmbad sind mir (noch) nicht möglich. Das Passing ist auch noch nicht perfekt. Und wenn das erledigt ist, bleiben dennoch einige Dinge offen. So werden intime Details meines Körpers mich ein Leben lang an die Vorgeschichte erinnern. Und an vielen Situationen werde ich erkennen, wer ich war. Und natürlich lässt sich die Vergangenheit nicht auslöschen, zumal ich das gar nicht will. 

Trotzdem: inzwischen lebe ich rund um die Uhr als Mann. Und ich hätte nicht gedacht, was für eine Erleichterung das sein würde. Wie selbstverständlich das abläuft. Und wie gut sich das anfühlt. Ich konnte davon träumen, konnte es mir erhoffen, aber es übersteigt das, was ich mir erträumt habe, bei Weitem. 

Es sind keine großen Momente, es ist nichts Besonderes. Nicht einmal irgend etwas, das ich in Worte fassen könnte. Sondern es ist etwas in mir drin. Ein Puzzlestück, das endlich an die richtige Stelle gesetzt wurde. Eine innere Ruhe, die dort ist, wo früher Unzufriedenheit und Selbstverachtung war. 

Manche Dinge werden mir erst im Nachhinein bewusst. Weil ich es früher nicht anders kannte. Ganz markant ist das mit dem Namen: 

Wenn ich früher meinen Namen hörte oder las, wusste ich, dass ich gemeint bin. Eine Bezeichnung für eine Person, in diesem Falle eben mich. Kind braucht ja ´nen Namen. Aber wenn ich diesen Namen gelesen habe, zB auf einem Dokument, in einem Formular, auf einer herumgereichten Teilnehmerliste, dann hat das nichts in mir ausgelöst. Und wenn es etwas auslöste (selten), dann war es eher unangenehm, sehr diffus, ich könnte es nicht benennen, so ein Widerwille, nicht greifbar aber immer unterdrückt präsent. Ich habe es gehasst, meinen Namen irgendwo aufschreiben zu müssen (vom Zeugnistag oder dem lauten Vorlesen meines Namens durch eine fremde Person ganz zu schweigen). Tat ich es korrekt, kostete mich das große Überwindung. Tat ich es mit abgekürztem Spitznamen, führte das zu vielen Fragen und langen Diskussionen, auf die ich keine Lust hatte. Egal, was ich tat, es war irgendwie falsch. Aber ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, weil es eben so war. Wieviele Menschen gibt es, die einen Namen tragen, den sie nicht mögen? Da war ich sicher nicht der einzige. 

Und wenn ich den alten Namen jetzt höre, reagiere ich auch gar nicht. Eine neue Kollegin im Team wurde mit diesem Namen gerufen, das hat null bei mir ausgelöst. Kein spontanes Reagieren, habe mich nicht reflexartig umgedreht, fühlte mich nicht angesprochen. Ich hörte einen Namen, hatte mehrere andere Personen gleichen Namens vor Augen, aber an mich habe ich in dem Moment überhaupt nicht gedacht, erst nach einigen Gedankengängen dann "oh, so hieß ich ja auch mal". 

Wenn ich meinen neuen Namen höre, dann denke ich nicht wie damals "das ist mein Name", sondern "das bin ich". Sascha bin ich. Da fühle ich mich tatsächlich angesprochen. Ich weiß, das klingt bescheuert, aber "sich angesprochen zu fühlen" ist völlig neu für mich. Dadurch fühle ich mich präsent und wahrgenommen. 

Und seit ich in dem Job bin, werde ich ständig mit "Herr Nachname" oder "Sascha" konfrontiert. Seit ich offiziell den männlichen Namen angeben darf, weil er auch im Ausweis steht, ist es endlich stimmig. Werde als Mann angesprochen und behandelt. Und es ist so entspannt, so selbstverständlich. Ich lebe es einfach. Kein Verkrampfen mehr. Keine innerliche Anspannung. 

Es tut gut, dass die Leute mich endlich sehen, wie ich bin.

2heartedman 17.09.2016, 13.56

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