two hearted man
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Demenz und andere Leiden des Alters

Da ich ja mehr bin als nur ein Transmann, geht es hier auch um andere Themen. Momentan beschäftigt mich auch das Altwerden meiner Großeltern. Die beginnende Demenz ... es fühlt sich seltsam an, das mitzuerleben.


Als ich klein war, sagte meine Oma oft "wenn ich auch mal so werde, dann erschlagt´s mich" und lachte dabei. Uns war klar, dass das nur ein Witz war. Und uns war klar, dass wenn sie alt wird, sie ganz sicher auch irgendwann wunderlich und oder dement und oder starrsinnig werden würde. 

Kleine Anzeichen hier, kleine Anzeichen dort. Und inzwischen ist es wohl so weit. Nein, erschlagen werden wir sie ganz sicher nicht. Wäre nicht in ihrem Sinne, egal, was sie damals gesagt hat. Aber trotzdem fühlt es sich seltsam an, ihren schrittweisen Verfall zu erleben. Opa ist über 90, und Oma steht kurz davor, das ist ein stolzes Alter.

Ich möchte nicht zusehr ins Detail gehen, da es doch sehr privat ist. Aber die Art, wie sie über ihre Tochter reden, wie sie über die nahestehenden Familienangehörigen reden. Wo früher Vertrauen und Zusammenhalt war, beginnen sie auf einmal Zwiespalt zu säen, als wollten sie einen Keil dazwischentreiben. Erzählen mir Dinge, die andere nicht wissen dürfen und bringen mich dadurch in einen Gewissenskonflikt. 

Soll ich anderen erzählen, was ich weiß und was für die Familie wichtig ist zu wissen? Oder soll ich es verschweigen und damit eine mögliche kleine Katastrophe heraufbeschwören? Erzählten sie mir diese Dinge in vollem Bewusstsein und stimmt es, was sie da sagen? Oder war das in einem Zustand der Verwirrung, in dem sie nicht zurechnungsfähig war und vor sich selbst geschützt werden musste? 

Ein andermal, als ich anrief, hatte ich das Gefühl, dass mein Opa mich nicht einmal mehr erkannte. Er versuchte es zu vertuschen, tat als hätte er nur rein akustisch nicht gehört, wer angerufen hat und wiederholte laut meinen Namen, für sich und für Oma, so als wolle er sich selbst vergewissern, wer ich sei. 

Sie begreifen beide nicht, dass sie dort, wo sie sind, gut aufgehoben sind, wollen immer wieder zurück in die alte Wohnung. Sie sind beide blind, gebrechlich, Oma war bereits gestürzt und im Krankenhaus. Sogar in der eigenen Wohnung hat sie keine Orientierung mehr, wie ich bei meinem letzten Besuch selbst erfahren musste. Dennoch wollen beide alleine wohnen und glauben ohne Hilfe zurechtzukommen. 

Es tut weh all das mit anzusehen. Und wenn ich anrufe, weiß ich nie, was mich erwartet. Manchmal erzählt sie, wie schön es dort ist, wie nett die Leute zu ihr sind, was sie alles erlebt mit den anderen Senioren und auf den gemeinsamen Treffen, und sie wirkt zufrieden. Das andere Mal weint sie, erzählt wie düster alles ist, dass sie doch nichts mehr sehen kann und dass sie krank ist und dass das Leben so gar nichts mehr für sie zu bieten hat und es langsam Zeit wird, und dass die eigene Familie ihr nur Böses will und sie keinem mehr vertrauen kann. 

Ein seltsames Gefühl, wenn die Menschen, die mich großgezogen haben, plötzlich zu Fremden werden. Wenn ich ihnen nicht helfen kann. Wenn sie mich nicht mehr erkennen. Wenn sie Dinge erzählen, die die Familie womöglich spalten könnten. Glücklicherweise reden wir offen miteinander, sodass offenbar wird, was hinter diesen Aussagen steckt. Dennoch hinterlässt es einen schalen Nachgeschmack ... 

********************************

Ihr habt sicher auch Angehörige, die alt und dement werden. Wie fühlte sich das für Euch an? Wie war das, als Ihr gespürt habt, dass Ihr außer Zuhören nichts mehr für sie tun könnt? Was hat das in der Familie verändert? 

2heartedman 06.09.2015, 15.25

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