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Ausgewählter Beitrag

Aufnahme und Operation

So, jetzt möchte ich meine Gedanken zum Verlauf der Operation teilen. In diesem Beitrag die Aufnahme und am Folgetag dann die Operation :-)


Zum Aufnametag gibt es nicht viel zu sagen. Ich kam wie geplant an, hatte noch etwas Zeit und überbrückte sie am Bahnhof mit Cappuccino und Bummel. Ach, ich liebe es, fremde Bahnhöfe kennenzulernen. Überall die vertrauen 0815 Ketten. Aber manchmal auch nette Entdeckungen und interessante Geschäfte. Alle Bahnhöfe haben das gleiche Ziel, nämlich Leute ans Gleis zu bringen und ihnen den Aufenthalt irgendwie zu gestalten. Irgendwie sind sie alle gleich, und doch hat jeder seine eigene Persönlichkeit. Spannend! 

In der Klinik dann hatte ich mehrere Stationen: Jede Menge Papierkram, logisch. Das Gespräch mit dem Anästhesisten. Gespräch mit dem Gynäkologen, um nochmal alles genau durchzugehen (tatsächlich gab es etwas, das mir noch unklar war und das ich hier dann für mich klären konnte). 

Anschließend ab aufs Zimmer, und dort langsam innerlich ankommen. Ich war auf einem Viererzimmer. Dankbar, dass quasi auf der ganzen Station fast nur Transjungs liegen. Auch, wenn mir Gender normalerweise egal ist und ich weder mit einem Frauen- noch einem Männerzimmer Probleme hätte, fühlt es sich einfach besser an. Gerade, weil es ja doch ein sehr intimes Thema ist, warum man hier im Krankenhaus liegt. Und sobald es an Visite und all die privaten Details geht, ist es schön unbefangen miteinander reden zu können. Erfahrungen auszutauschen. Nichts erklären zu müssen sondern jemanden zu haben, der versteht. 

Am nächsten Tag kam ich als zweiter unters Messer. Ist mir das Liebste: der Doc hat schon eine OP hinter sich, ist geistig und körperlich inzwischen wach. Aber immer noch fit genug, um nicht bereits erschöpft ans Mittagessen zu denken. Top! ;-)

Anästhesie hat ihren Job prima gemacht, ich schlief rasch ein und alles war problemlos. Was ich sehr angenehm fand: das letzte Mal hatte ich danach einen extrem trockenen Hals und auch Halsschmerzen. War dieses Mal nicht der Fall, dafür bin ich sehr dankbar. 

Und Humor haben sie auch, immerhin: die Schwester fragte die Kollegin, auf wieviele Stunden sie die Narkose einstellen soll. Knochentrockene Antwort: "fünfeinhalb Stunden". AAAARGH, ähm, hallo? Im ersten Moment dachte ich, dass man dann doch einen der großen Eingriffe durchführen würde und ich aufwache und da etwas sehe, wo ... naja, egal, mir war dann auch sofort klar, dass das ein Scherz war und konnte auch darüber lachen. Hab ja selbst auch so einen schwarzen bösen Humor, fand ich gut ;-)

Die Narkose hat (obwohl nur für eine h angesetzt) dieses Mal "richtig reingeknallt", boah!!! Als man mir später sagte, wann ich wieder zurück am Zimmer und einigermaßen klar war, wurde mir klar - ich lag wohl deutlich länger im Aufwachraum als unterm Messer. Ich war irgendwie wach danach. Und irgendwie auch nicht. Ich war kaum fähig, mich zu rühren, mein Kopf völlig beduselt, ich war wie im Nebel, mein Kreislauf hat nicht mitgespielt, mein Hirn war halb offline.

Als die Schwester mich viele Stunden später mobilisieren wollte, wäre ich fast ohnmächtig geworden (sie bugsierte mich noch rechtzeitig zurück ins Bett, sonst wäre ich wohl mitten im Bad umgekippt). Danach lag ich im Bett, keuchend, schnaufend, mit Pulsrasen, Krämpfen. Vor allem: da die Luft sosehr auf alles drückte, konnte ich auch nicht richtig atmen. Bin Vollatmung bis ganz nach unten gewohnt, und es ist eine massive Einschränkung plötzlich nur noch bis etwa zu den Rippen atmen zu können, da fehlt was. Hatte mich sehr zu beherrschen, nicht ständig nach Luft zu schnappen wie ein Fisch auf dem Trockenen. Und sobald mich etwas anstrengte, wurde mir schwindlig, weil die Luft fehlte. 

Dass die Luft so heftig drückte, hatte auch noch viele andere Auswirkungen. Ich konnte weder Husten noch Niesen noch Schneuzen, auch Schluckauf / Aufstoßen, Rülpsen waren nicht wirklich möglich. Yeah, mit Pollenallergie (zum Glück nur leicht) im Frühling ist es "lustig", wenn Niesen und Schneuzen unterdrückt werden müssen. Jede noch so kleine Bewegung tat weh. Ich hatte auch etwas im Hals und ständig das dringende Bedürfnis zu husten. Nada, der Schmerz wäre zu heftig gewesen. 

Von Lachen ganz zu schweigen. Also wenn die Jungs um mich herum witzeln, ich durfte nicht lachen. Auch jetzt, daheim und mehrere Tage später, muss ich aufpassen und darf nicht zu heftig lachen ;-)

Ich konnte mich aus eigener Kraft nicht erheben. Nach der Mastek kam ich problemlos hoch, konnte mich zwar nur langsam aber dennoch relativ frei bewegen. Ging hier gar nicht, ich lag im Bett und fühlte mich wie gelähmt. Ich wäre nicht fähig gewesen, mich alleine aufzurichten, konnte nur daliegen und warten. Nur mit Hilfe des einstellbaren Bettes konnte ich den Oberkörper etwas aufrichten. Was für ein beschissenes Gefühl! 

Das habe ich so heftig noch nie erlebt. Gut, ich bin nicht ständig unterm Messer, kenne nur die Mastek und von damals vor 20 Jahren einen kleinen Eingriff unter Vollnarkose. Aber die anderen Jungs erzählten mir später, dass das nicht unüblich sei. Hier in diesem KH hätten auch sie gemerkt, dass die Narkose "recht gut nachwirkt". Trotzdem fühlte ich mich wie ein Jammerlappen, wie ich so hilflos dalag ...

Ich habe meine Nemesis kennengelernt. Ich hatte bereits Gürtelrose, ich hatte einen fetten Motorradunfall (zum Glück "nur" mit Prellungen), mehrere kleine Unfälle mit Rad und Roller oder anderweitig (mit geprellten Rippen, geprelltem Steiß, gestauchter Hand usw), hatte Weisheitszähne entfernt. Und meine Rückenschmerzen die letzten Monate trieben mir bereits Tränen in die Augen, wenn ich mich kaum noch bewegen konnte. Es ist ja nicht so, dass Schmerzen mir fremd sind (auch wenn ich dankbar sein darf, dass es nie Schlimmeres gab und immer irgendwie damit zurechtkomme). Aber Schmerzmittel waren für mich noch nie nötig, kam immer damit klar. 

Und jetzt - LUFT! Fucking Luft, und ich muss auf Schmerzmittel zurückgreifen!!! 

Bei der OP wird Luft in die Bauchhöhle gepumpt. Zwar wird sie danach soweit als möglich wieder rausgelassen, aber sie verteilt sich vorher gemütlich im ganzen Rumpf, und dann bleibt immer etwas zurück. Das zersetzt sich nach und nach. Bei mir blieb recht viel zurück. Und das tat (auch in den folgenden Tagen noch) deutlich mehr weh als die OP-Wunde selbst (die war für mich nicht weiter schlimm). Die Luft zog vom Bauch über den Brustkorb bis hinauf zur Schulter. 

Konnte kaum den Kopf bewegen, mich zur Seite drehen, den Arm heben. Es drückte am Magen, am Darm. Irgendwann hatte die Schwester genug davon und verpasste mir Schmerzmittel (sie musste mich ganz schön dazu überreden). Sie wollte mir nicht so recht glauben, dass ich nicht wusste, was bei mir wirkt und was ich für Medis haben will. Aber woher sollte ich das wissen, ich habe noch nie wissentlich welche bekommen, selbst nach der Mastek musste man mir erklären, dass die Ibu nicht nur gegen Schmerzen sondern auch gegen Entzündungen wirken und ich sie also bitteschön gefälligst nehmen soll, wenn alles gut heilen soll.

Und danach ... mmmmh, Himmel, es wurde schrittweise besser, mein Kopf wurde klarer, ich konnte zwar nicht hüpfen oder aufstehen, aber wenigstens konnte ich meinen Körper wieder etwas selektiver wahrnehmen. Was für ein gutes Gefühl! 

Ich war erschöpft. Jeder empfindet die Operationen anders, für jeden ist die eine oder andere leichter / schwerer. Für mich war die Mastek dagegen ein Spaziergang, aber diese winzigen kleinen runden Knubbel, das war heftig. 

Auf die Seite drehen konnte ich mich noch immer nicht, dazu drückte die Luft zusehr. Bei Bewegungen egal in welche Richtung presste mich alles zurück aufs Bett (fast, als wäre die Luft der Gravitation unterworfen und würde mich bleischwer nach unten drücken). Obwohl ich normalerweise nicht auf dem Rücken schlafen kann, schlief ich zeitnah ein und schlief auch die Nacht durch. Mein Körper war einfach platt und erschöpft.

Was war ich froh, als ich diesen Tag überstanden hatte!

2heartedman 05.03.2019, 12.46

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