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Arbeitgeber verweigert mir ein männliches Zeugnis

Bei meinem aktuellen Arbeitgeber habe ich gewartet, bis ich ganz pingelig die Rechtskraft nachweisen kann. Wusste, dass da alles superkorrekt laufen muss, bevor ich etwas bewilligt kriege.


Tja, war wohl nicht genug. Ich werde das Mail hier natürlich nicht veröffentlichen. Aber sinngemäß steht darin, dass sich meine vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten (sic!) erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung und so weiter. Das originale Zeugnis war von April, die Rechtskraft war Juli, ergo kein Zeugnis. Keine Arme, keine Kekse. 

Üblicherweise folgt dann sowas wie "auf dem neuen Weg alles Gute" oder so. Ich meine, ich habe dort acht Jahre gearbeitet, und auch wenn man nie persönlich wurde, wäre so ein Satz doch irgendwie ... naja ... Ihr wisst schon ... 

Als ich das las, habe ich erst mal mit dem Kopf geschüttelt. Und dann habe ich gelacht. Ehrlich, was soll ich mich ärgern? Ich hatte meine Gründe, warum ich dort gekündigt habe. Man ist dort sowas von korrekt, man hätte mich zukünftig respektvoll behandelt nach außen hin, weil man es muss und weil das Gesetz es vorschreibt, aber man hätte es mich immer wieder spüren lassen, wie man tatsächlich innerlich über mich denkt. Q.e.d.

Mal ehrlich - mit ein klein wenig Nachdenken wird klar, dass sich mit männlichem Namen und weiblichem Zeugnis zu bewerben unzumutbar ist. Und dass das sogar gegen meine Grund- und Menschenrechte der Selbstbestimmung und Menschenwürde verstoßen könnte. 

Und da man eine Einrichtung ist, die durchaus mit Paragraphen, Formularen und Gesetzen umgehen kann, hätte man sich mal schlau gemacht. Das hätte gezeigt, dass man mir auch ein wenig Respekt entgegenbringt und mich auf meinem neuen Weg unterstützen möchte. Statt dessen einfach nur "bedauern wir Ihnen mitteilen zu müssen usw". 

Ja, danke auch. Ich habe also eine Antwort verfasst, in der ich ein Grundsatzurteil zitiere, auf welches Richter verschiedener Arbeitsgerichte sich inzwischen berufen. Da wird dann nochmal mit Paragraphen um sich geworfen, die das TSG, das Grundgesetzt und das BGB beinhalten. 

Außerdem habe ich erklärt, dass ich sogar eine neue Geburtsurkunde bekomme. Die ist ein klein wenig rückwirkender als ein drei Monate altes Zeugnis ;-)

"Der Anspruch der transsexuellen Person auf Neuerteilung eines Zeugnisses mit geändertem Vornamen bzw. mit geändertem Geschlecht folgt aus der nachvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Deren Umfang ergibt sich aus § 242 BGB i. V. mit Art. 2 Abs. 1 GG und § 5 TSG. Art. 2 Abs. 1 GG schützt i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG die engere persönliche Lebenssphäre, insbes. auch den Intim- und Sexualbereich, und gewährleistet das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu bestimmen, aus welchem Anlaß und in welchen Grenzen er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Dem Schutz dieser Rechtsgüter dient auch das Transsexuellengesetz." (>LAG Hamm, Urteil vom 17.12.1998 – 4 Sa 1337/98; rkr.<)

Hey, das Urteil ist von 1998. Aber in den Köpfen mancher Menschen hat sich seitdem nicht viel verändert. Wir kämpfen auf dem CSD und in den Medien für unsere Rechte, unsere Sichtbarkeit. Viele behaupten, das sei albern und unnötig, aber wenn es bereits an solchen lächerlichen Kleinigkeiten wie einem Arbeitszeugnis hängt, ... bin irgendwie sprachlos ob dieser Absurdität ...

Hoffe mal, dass das alles überzeugt Falls nicht, werde ich es darauf ankommen lassen. Dann wird die Liste der Urteile zum Thema "Arbeitszeugnis auf neuen Namen" eben um ein weiteres Urteil zugunsten des Klägers länger. Aber so weit möchte ich es eigentlich nicht kommen lassen *gähn* ... 

Kein Gericht in Deutschland wird mir dieses Zeugnis verwehren. Und falls doch, wird die Presse das sicherlich interessant finden. Naja, es war Freitag, kurz vor Feierabend, vielleicht war der Kollege gedanklich bereits im wohlverdienten Wochenende. Kann schon mal passieren ;-)

2heartedman 05.08.2016, 18.13

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