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Alltag im Krankenhaus

Wie sah so ein Tag im Krankenhaus jetzt aus? Immer der gleiche Trott, oder viel Abwechslung?

Beides, würde ich sagen. Im Grunde immer das gleiche: Visite, Besuch, Essenvergabe, kleine Spaziergänge, Kontakt zu Mitpatienten. Andererseits liegt die Gewichtung im Krankenhaus wie schon anders. Gewinnen oder verlieren ansonsten alltägliche Dinge an Bedeutung. 


FREITAG:

ich hatte die OP, die Frage "kann ich allein auf Toilette" und "kann ich schon essen, oder wird mir davon übel" und "ich verdurste" standen vor allem anderen. Auch das schief geklebte OP-Band um den Arm wollte immer wieder meine Aufmerksamkeit (oh, wie ich es hasse, wenn das Ding nicht perfekt überlappend geklebt ist. Auch im Schwimmbad möchte ich mir das Saunabändchen am liebsten selbst kleben, weil die Mitarbeiter nicht auf so etwas achten). 

Ansonsten bekamen beide Zimmernachbarn Besuch. Einer von ihnen hat eine riesengroße Familie, und jeden Tag kamen andere Leute, brachten ihm (und auch uns) jede Menge Leckereien mit, wuselten durch das Zimmer, plapperten durcheinander, sie waren alle so herzlich und nett. Ich freute mich immer, wenn er Besuch bekam. 

Eine erste Visite nach der OP, Erklärung der Ärzte bzgl unseres Eingriffs, Fragen nach dem Befinden. 

Abends aß ich nur ein Vollkornbrot mit dem restlichen Cigköfte und Gemüse vom Vortag. Eine kleine Portion, nach der OP wollte ich meinen Magen nicht sofort überlasten.

Überschwängliche Freude. Wir haben alle sehr viel gelacht, vom ersten Tag an. Und als später der andere TM zu uns kam direkt nach seiner OP auch wieder sehr viel. Mir kam der Gedanke, dass es einerseits zwar gute Laune, Freude über die OP ist. Andererseits aber vielleicht auch einfach eine Art des Spannungs- und Druckabbaus. Egal, es tat richtig gut. 


SAMSTAG:

Frühstück, Mittagessen, Kaffeetrinken, Abendessen. Schwestern mit Fragen bzgl Stuhlgang, Schmerzen, Schlaf, Befinden, Blutdruck und Puls. Visite der Ärzte mit genauer Betrachtung ihrer Kunstwerke. 

Mittags orientalischer Salat mit Zitronensauce, das einzig vegane Gericht. Ich ließ die schwere Sauce übrig. Der Rest war Reis mit Korinthen, Karotten und ein bisschen Gewürz. War schon okay, aber ich bin einer von denen, die eher Richtung Rohkost tendieren statt Reis und Brot. Aber ich hatte ja noch mein eigenes Zeug dabei. Und, die Wahl des Essens war auch immer ein sehr wichtiges Thema, die Küchenmitarbeiter waren sehr beliebt ;-)

Wie gesagt: banale Dinge gewinnen an Gewicht LOL. Ich war so happyhappy, dass meine Haare am Handrücken sich nicht durch das Pflaster gelöst hatten (hey, die hab ich brav gezüchtet und kenne jedes beim Namen!), und dass der Bauch nicht rasiert wurde wie in manchen anderen Krankenhäusern bei dieser OP. Es ist erstaunlich, wieviel Zeit man damit verbringen kann, sich über so etwas zu freuen ;-)

Spaziergang zum Tagesraum, in die Cafeteria. Er kaufte eine Banane, die er nicht öffnen konnte (ich konnte das leider auch nicht), also baten wir eines der Mädels am Tisch um Hilfe. "Hey, willste meine Banane öffnen", das ist doch auch mal ´ne coole Anmache, oder? ;-)

Wir standen später im Zimmer, einer der Jungs hatte Schmerzen von seiner letzten Testospritze in die Hinterbacken und zeigte mir die Stelle. Stand also mit halb heruntergelassenen Hosen gebückt vor mir, als die Tür aufging. Ich rief sofort "ich kann alles erklären" und "es ist nicht das, wonach es aussieht". Ach ja, wir müssen immer noch lachen, wenn wir daran zurückdenken ;-)

Am Nachmittag Besuch, der für uns alle Essen mitbrachte. Die Mutter hatte gekocht (mensch, und das am Ramadan, das wurde mir erst später bewusst! Die haben uns alle mit den leckersten Sachen versorgt, obwohl sie selbst gefastet haben!), wir haben geschlemmt. 

Abends dann sahen wir einen Märchenfilm, den ich auf meinem Tablet hatte. Das Schöne daran: er war halb deutsch, halb arabisch, sodass er die deutschen Parts gut verstand (kindgerechter Zeichentrick) und uns das Arabische übersetzen konnte. Dabei lernten wir auch einiges über die Kultur.

Und weil er den Karottensaft nicht mochte, den die Familie ihm gebracht hatte, bekam ich den. Erwähnte ich schon, dass kleine Dinge große Bedeutung bekommen? Oh, war das lecker, ich hab mich riesig gefreut!  


SONNTAG:

Frühstück, Mittagessen, Kaffeetrinken, Abendessen. Schwestern mit Fragen bzgl Stuhlgang, Schmerzen, Schlaf, Befinden, Blutdruck und Puls. Visite der Ärzte mit genauer Betrachtung ihrer Kunstwerke. 

Der Biorhythmus ist inzwischen völlig im Eimer. Nachts kann man kaum schlafen, weil es auf dem Rücken unbequem ist. Weil die Nächte zuvor die Drainagen nervten. Weil der Nacken schmerzt bei meiner blöden Haltung. Weil der Mitpatient sich wälzt. Also pennt man tagsüber, wird aber von der Visite oder dem Mittagessen geweckt. Es ist eine Art Wechsel aus 

Drainagen werden gezogen, davor hatte ich ja schon seit der Einlieferung Bammel! Aber ich konnte es nicht erwarten, weil das endlich Freiheit bedeutete. Nicht mehr ständig die blöden Flaschen in der Hosentasche (passten perfekt in meine Cargohosen)! Endlich durch die Gegend flitzen, Treppen steigen, in den Park, endlich frei! 

Besuch von einem lieben Freund. Kannte ihn bis dato nur aus dem Netz, er wohnte in der Nähe, und ich war überglücklich, ihn live zu treffen. Noch sympathischer als erwartet. Wir unterhielten uns, gingen um das Parkgelände rund ums Krankenhaus, setzten uns unter einen Baum auf die Wiese, redeten sehr viel. 

Danach Mittagessen. Die Mitarbeiterin hatte extra für mich einen Rohkostsalat zubereiten lassen, und der sah richtig toll aus! Dazu sogar ein Sojapudding Vanille, oh wie wurde ich verwöhnt! 

Und der Freund hatte selbstgemachten Kuchen für den Nachmittag mitgebracht, den wir Jungs am Nachmittag verputzten, sooo lecker! Gemeinsam dasitzen, sich das Essen schmecken lassen, toll! 

Obwohl ich vorgesorgt hatte - frisches Gemüse passte nicht in den Koffer. Die Familie meines Zimmernachbarn brachte mir dann frische Gurken, Tomaten, Paprika. Die verteilte ich mir die kommenden Tage ordentlich auf Frühstück und Abendessen, zusammen mit meinen Aufstrichen aus dem Glas und dem leckeren Knäcke, was für ein Genuss! 

Und die erste Dusche, nachdem die Drainagen raus waren. Auch hier: woooooow, eine Dusche! Ich glaube, ich habe eine Dusche selten sosehr zu schätzen gewusst wie an diesem Tag! 

Später mit einem der Jungs noch ein Spaziergang im Park, dabei haben wir viel geredet, entdeckten einige gemeinsamen Themen, freuten uns sehr darüber. Und, ich finde das Gelände rund um das Krankenhaus wunderschön, eine Parkanlage mit hübschen Bänken, vielen Bäumen, einer großen Wiese, sehr hübsch. 

Abends sahen wir dann den zweiten Teil des Märchenfilmes. 

Also seeeeehr ereignisreich, dieser Sonntag, wow! Soviel zu Ruhe, Erholung und Entspannung im Krankenhaus ;-)


MONTAG:

Frühstück, Mittagessen, Kaffeetrinken, Abendessen. Schwestern mit Fragen bzgl Stuhlgang, Schmerzen, Schlaf, Befinden, Blutdruck und Puls. Visite der Ärzte mit genauer Betrachtung ihrer Kunstwerke. 

Wir hatten kaum geschlafen, der Zimmernachbar hielt uns die Nacht über wach. Also war ich den ganzen Tag über ziemlich erschöpft.

Egal, wieviel man duscht, wäscht, pflegt - es war heiß, man schwitzt. Der Körper ist krank, bekommt Medikamente. Das riecht. Und dass man seit Tagen den gleichen Verband trägt macht es nicht unbedingt besser. Bääääh! Ich glaube, ich habe Stunde um Stunde im Bad verbracht ... 

Einer der beiden Jungs wurde entlassen. Er wurde mittags abgeholt, aber das Bett sollte vormittags schon frei sein. Also war er unser Gast, wir haben gemeinsam einen Film angesehen. Und binnen kürzester Zeit ging es dann drunter und drüber. Film. Neuer Zimmernachbar. Besuch für den anderen Mann. Visite. Schwester bringt die Weste zum Anpassen. Alles zugleich. AAARGH!!!

Nachdem der Zimmernachbar weg war, unterhielten wir uns mit dem Neuen, auch da gab es interessante Gespräche. Manchmal ein wenig stockend. Ich habe zwischendurch auch mal am Tablet gedaddelt oder mein Hörbuch weitergehört. 

Und ich bin das erste Mal die Treppen zur Cafeteria hinunter und wieder rauf. Auch das von großer Bedeutung und eine Art Erlebnis. Zu spüren, wie sich das anfühlt ohne Oberweite. Den Körper ein wenig zu belasten, zwar ohne Sport aber doch mehr als beim Bummeln durch den Park. Mich selbst zu spüren, meinen neuen Körper zu erleben. 


DIENSTAG:

Frühstück, Mittagessen, Kaffeetrinken, Abendessen. Schwestern mit Fragen bzgl Stuhlgang, Schmerzen, Schlaf, Befinden, Blutdruck und Puls. Visite der Ärzte mit genauer Betrachtung ihrer Kunstwerke. 

Der Bio wurde entlassen, ein anderer TM kam frisch operiert zu uns. Viel gelacht, geplaudert, viele Gemeinsamkeiten entdeckt und sich über diese ausgetauscht. 

Während er schlief, schlenderte ich mit dem anderen durch den Flur. Dort trafen wir einen anderen TM, der am gleichen Tag wie wir OP hatten. Er erzählte seine Geschichte, war recht interessant. 

Merkte, dass ich Overflow bekam von den vielen Menschen, wollte mich zurückziehen. Klappte nicht, schon kam wieder jmd ins Zimmer, war hier etwas los, hörte ich dort Geräusche. Hatte Angst vor einem Zusammenbruch, war kurz davor zu klingeln und um ein entsprechendes Medikament zu bitten. Aber so heftig und intensiv der Moment war, so schnell ging er auch wieder vorbei, dafür bin ich sehr dankbar, sonst hätte ich für nichts garantiert. War danach aber extremst erschöpft und wollte nur noch Ruhe, liegen, schlafen ... 

Die Mitarbeiterin von letzter Woche hat Urlaub, sie hatte uns immer extra Kaffeemarken für den Aufenthaltsraum gegeben oder mir den leckeren Rohkostsalat bereiten lassen. Das machte die Dame diese Woche nicht. Dafür durfte ich ihren Wagen durchsuchen, und ich fand tatsächlich immer wieder einiges, das nicht auf der Karte stand aber für mich super war. Eine Tassensuppe Spargelcreme. Heidesand-Kekse zum Kaffee. Bohnensalat. Ach, toll, und sie strahlte immer, wenn sie uns sah :-)

Langsam wird klar, dass ich am Mittwoch nach Hause muss. Seltsames Gefühl. Das Krankenhaus ist ein Schutzort. Man nimmt Rücksicht, keiner rempelt mich an, die Leute haben Geduld. Die Türen öffnen sich automatisch. Draußen dann am Bahnsteig brauche ich Hilfe mit dem Koffer, habe in der Straßenbahn Angst vor Ellbogen in den Brustkorb. Fühle mich schutzlos, verwundbar. 


MITTWOCH:

Frühstück, Schwestern, eine letzte Visite. Der Druckverband kommt ab, das Ergebnis ist toll. 

Das Bett soll um 10 Uhr fertig sein für den nächsten. Der Zimmernachbar wird von seiner Familie abgeholt. Mein Bus fährt erst am späten Nachmittag, also bleibe ich zu Besuch bei dem anderen. Lerne dabei schon den Neuen kennen, der nach mir kommt, auch ein netter Kerl. 

Wir sehen gemeinsam einen Anime, ich buche auf seinem Computer meine Fahrkarte für den Bus. Packe die letzten Sachen in den Koffer. Ziehe von dannen ... 

2heartedman 21.06.2017, 14.32

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